BROT #6
94 DIN-A-5-Seiten; € 2,50.-
brotfanzine@gmx.de
Yannig weilt mit seiner Partnerin in einem Ort zwischen Landkommune und Ferienhaus in Frankreich, sitzt am Kamin und ist frustriert, da es in der "großen, weiten Punkrock-Welt" coronabedingt kaum
etwas zu berichten gibt. Da bleibt Zeit, sich mal - wie Kollege Thommy - seine Biographie zu bilanzieren und ist froh, nicht an einem Beatmungsgerät hängen zu müssen und freut sich über vegane
Sauce Hollandaise als positive Verstärkung.
Hupe von GULAG BEACH möchte seine Zeit am liebsten mit Attila Hildmann im Beach Club verbringen und ihn dazu nötigen, den ganzen Tag über ihren Song "Keep on Rückverdummung" zu
hören". Ein wesentlich wichtiger Beitrag ist der leider immer noch aktuelle Artikel über Sexismus in der subkulturellen Punk-Community. Sabrina von Lügen und Fini von Black Square haben sich 2020
offen über den Umgang mit Sexismus in der Punkszene auseinander gesetzt und damit eine wichtige, längst überfällige Debatte losgetreten. Anlass war der „Just Boys Club RUHRPOTT RODEO 2020“.
Sabrina beschreibt eine Interview-Passage und Aussagen von Alex Schwers über die Frauen*-Quote auf dem Ruhrpott Rodeo-Festival im OX-Fanzine, kommentiert diese und erlebt diese Unsichtbarmachung
in unsolidarischen, abwertenden Kommentaren in den "(a)sozialen" Netzwerken.
Sveta von MOLLY PUNCH mag die Energie und die Auseinandersetzung mit gesellschaftskritischen Themen, was Gründe sind, dass Punk wichtig für sie ist und findet Karneval zum
Kotzen, wenn sie die Leute "an allen Ecken pissen und kotzen (sieht)." Hm, wer benötigt heute noch irgendwelche über"flüssig"e Deutsch-Punksongs zum und über das Thema Saufen und MUSS darüber
einen kleinen Artikel schreiben? Pan. SCHEISSE UND SCHAISZE sind zwei unterschiedliche Bands, die von Thommy im Interview auf Gemeinsamkeiten und Unterscheide
hin befragt werden und mit welcher anderer Scheißband sie auftreten würden.
Gesamteindruck:
Thommy und Yannig backen keine kleine Brötchen mehr. Auch wenn oft der Eindruck entsteht, dass beide lustige Rubriken konzipieren und füllen, sind es die ernsten Themen, die diskursiv sind und aufzeigen, bspw. welche Folgen Sexismus sowie die sogenannte CORONA-Krise in der Punk-Community haben. Das Wissen bezieht sich auf persönliche Erfahrungen und Erlebnisse bzw. Prognosen und Hypothesen, den konkret jeweiligen Zusammenhang von Wissen/Macht zu erkunden und einer Kritik zu unterziehen. Punk ist Handeln und Gestalten, und die BROT-Herausgeber Thommy und Yannig sind in diesem Prozess zumindest aufrichtig, ehrlich und mitunter offensiv, Diskursfragmente einzustreuen und keimen zu lassen, wo andere sich lieber die Finger verbrennen würden und Punk und ihre V.I.P.s wie einen Heiligen Gral unangetastet lassen. Anstelle von unnötigen Positiv-/Negativ-Listen und Dies&Das hätte ich mir - hinsichtlich der Sexismusdebatte - noch einige ergänzende Anmerkungen und Meinungen gewünscht, aber die BROT-Qualität ist insgesamt frisch und ausgewogen.