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Revival stinkt!

Eine Wiedervereinigung ist in vieler Hinsicht ein Experimentierfeld, in dem alte Erwartungen und Erwartungshaltungen nicht immer erfüllt werden können. So vielseitig die Beweggründe für eine Reunion in der Politik, in der Beziehung, Musik etc. auch sein mögen, so brüchig ist eine Fortsetzung dessen, was eigentlich vermieden werden will: Routine, Gewöhnung und Gewohnheit und Fehler, die wiederholt werden. Dabei geht es letztendlich um die Einstellung und den Umgang mit Fehlern, was aber eine Selbstreflexion voraussetzt.

In der Beziehung kann es also passieren, dass eine Wiedervereinigung nach der Trennung das Gefühl von Genugtuung, Routine, Gewohnheit das Gefühl des sich „neu Verliebens“ überwiegt. Das wird in verschiedenen Phasen deutlich, die mensch durchmacht: Auf Wut, Trauer, Enttäuschung, Selbstzweifel folgen Angebote wie „wenn ich (du) das und das ändere, dann…“ und der Glaube, dass mensch aushandeln könne, dass die Trennung zurückgenommen wird. Anstelle von Loslassen und Neu-Orientierung nach Innen und Außen wird versucht, das alte neu zu verhandeln. Donald Trump will gar nicht erst neu verhandeln. Er ist nach wie vor davon überzeugt, dass ihm die Wahl „gestohlen“ wurde und verleugnet die Realität mit dem Wunschdenken und der Überzeugung, im August wieder als Präsident im Weißen Haus zu sitzen.

„There is no political calculation. I am doing what is right."

Was hier an das „Ich-mache-mir-die-Welt-wie-sie-mir-gefällt“-Prinzip erinnert, funktioniert im Grunde nur, wenn diese Idee von mehreren Unterstützer*innen – also Gleichgesinnten – mitgetragen wird. So entsteht eine Blase, ein Vakuum des Vertrauens – reduziert auf Ja-Sager*innen und der Kunst, immer im Recht zu sein. Das Leben ist eine Aneinanderreihung von Wiederholungen – warum sollte es da in der Beziehung, in der Politik etc. anders sein? Es gibt Verhaltensmuster, die sind nun mal schwer zu durchbrechen. Angelerntes oder in der Persönlichkeit angelegte Eigenschaften lassen sich nicht so einfach ablegen – es ist schon einmal gut, wenn mensch sich ihrer bewusst ist und sich fragt, warum mensch eigentlich immer in ähnlichen Liebesschlammasseln landet. Sucht mensch unbewusst immer nach demselben Typ Mensch – obwohl mensch eigentlich weiß, dass er einem nicht guttut? Hält mensch an unerfüllbaren Idealen fest? Macht mensch in Beziehungen immer dieselben Fehler?
1989 wurde Deutschland wieder zu einem geeinten Land. Doch wie wächst zusammen, was aufgrund der verschiedenen politischen Geschichte in der BRD/DDR unterschiedlicher nicht sein kann? Das Gefühl, das alte zurückhaben zu wollen, die Sehnsucht nach Hoffnung und Lebensfreude kann doch nur als Versuch bewertet zu werden, nicht imstande zu sein, bereit zu sein, sich eigene Fehler einzugestehen, neue Fähigkeiten zu entwickeln, Wünsche ausdrücken zu lernen und zu erkennen, was einem wirklich wichtig ist und wie mensch andere dabei unterstützen kann, um eine gemeinsame Beziehung auf- und auszubauen. Alles andere wäre egoistisch, narzisstisch, übergriffig und unverhältnismäßig. Und mal ehrlich, wenn sich Ex-Musiker*innen wieder zusammentun, wie es TIC TAC TOE, NO ANGELS, GENESIS und wie sie alle heißen, erwartet doch im Grunde nur den Glanz alter Zeiten, dem Ernüchterung folgt, weil du dich weiter entwickelt hast, die Band aber nicht. Das erinnert mich an den Song „Schleim“ von BLUMEN AM ARSCH DER HÖLLE:

Es riecht heut alles nach gestern
Abgestanden und alt
War da nicht mal sogar ein Feuer drin?(...)
Sie essen eben heut nichts frisches mehr(
Weil Aas ja heut noch sehr gut schmecken kann
Ihr wisst es so genau: REVIVAL STINKT!
Ihr Bands, die sich zurückbilden und neuformiern
Ihr habt schon alles gegeben
Und euch ein Denkmal gesetzt
Die Vokuhila stand dem Sänger so gut
Ihr seid noch immer so beliebt
Sie sind jetzt mitten im Leben
Die bunten Jahre sind weg


Manchmal ist es besser, aufzuhören und sich neu zu orientieren, als alte Gewohnheiten zu pflegen. „I’ll be back“ war ein Schlagwort von Arnold Schwarzenegger im „Terminator“-Franchise. Das klingt wie eine Drohung, wie ein Versprechen, wie eine Fortsetzung. Was für einige ein Segen ist, bedeutet für andere das größte Unheil.