TRUST #210
68 DIN-A-4 Seiten; €3,50.-
Trust Verlag, Dolf Hermannstädter, Postfach 110762, 28087 Bremen
https://trust-zine.de/
Dolf findet es schlimm, dass es anscheinend in der Subkultur „nötig ist, sich an Themen aus dem Mainstream zu bedienen und orientieren oder dreht es sich alles im Kreis“, dass ihm
schwindelig wird. Jan Röhlk indes ist begeistert von einem schwarz-weißen Foto namens „Untitled“, denkt über das Bild nach und benötigt eine Interpretationsquelle. Mika
Reckinnen liefert Beispiele von „sexistische Kackscheiße“ in den Philippinen, erinnert an eine von ihm besuchte Show von Monthly Red und eine Begegnung mit einem Arschloch-Typen.
Claas Reiners analysiert die Debütplatten von CHARTREUX und THE HIGH TIMES. Jan R. interviewt Alva, die Rede und Antwort steht
zu Feminismus, Riot Grrrl und erinnert sich an Brieffreund*innenschaften und Zinetausch. Wiederum Claas stellt HEY, KING! vor, die seiner Meinung nach keine
„Halligalliband“ sind. Raphael Lukas unterhält sich mit Celina von THE BLOODSPRINGS über Geschlechterrollenverhältnisse und Sexismus. Sie erzählt von gemachten
Erfahrungen und findet es wichtig, sich klar zu positionieren.
Jan R. serviert dann den ersten von zwei Interview-Teilen mit Meyer77 und Thorsten, die reichlich Anekdoten von Punk im AK 47 zum Besten geben.
Jan hat jeden Rülpser abgetippt und verdammt, trotz des hohen Unterhaltungswertes, wenn 2 Alt-Punx aus dem Nähkästchen plaudern, hätte Jan gut daran getan, das Interview zu
straffen. Denn nicht jedes Lippenbekenntnis ist es wert, wortgetreu abgetippt zu werden. Und schon wieder Claas Reiners...am Ende ist er noch mit MÖRSER zum
Grillen und Chillen verabredet und nach dem Essen wird geraucht und über Musik geredet, kommentiert und in Erinnerung geschwelgt.
Gesamteindruck:
Auch das TRUST knüpft inhaltlich an die Sexismus im Punk-Debatte an. Es geht um „Macht“ und um „Privilegien.“ Das dringt in vielen Interviews und Kolumnen durch. Insgeheim hält der Typus männlicher Punkrocker „Teenagergirls“ für kleine dumme naive unmündige „Diskotussen“ und/oder die Freundin von... Dabei sind auf Festivalbühnen in Deutschland immer noch zu 94 Prozent männliche Musiker zu sehen, als seien Riot Grrrls, Flinta und Femmes unsichtbar. Das TRUST macht sie sichtbar und spricht Ausschlüsse und Diskriminierungen an. Das Problem mit Sexismus im Punk ist: Menschen, die sich auf Punk beziehen, scheinen mehr als andere zu glauben, sie seien per se schon in Ordnung und müssten sich überhaupt nicht mehr mit Diskriminierungsformen beschäftigen, wenn sie nicht selber davon betroffen sind. Dabei sind sie dann oft selbst Teil des Problems! Mika will mehr Solidarität und reflektierte Sichtweisen einbringen. Das lässt hoffen!