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Tierbefreiung #112

Tierbefreiung #112
Tierbefreiung #112

Tierbefreiung #112
84 DIN-A-4-Seiten; €4,00.-   
die tierbefreier e.V., Postfach 160132, 40564 Düsseldorf
https://www.tierbefreiershop.de
Der Schwerpunkt „From Beef to Beans“ behandelt Aspekte von Ernährungssouveränität, kleinbäuerliche Tierhaltung und Tierbefreiung. In der Entwicklung der Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts eine Abkehr von lokalen, regionalen und nationalen hin zu globalen Wertschöpfungsketten zu beobachten.

In dieser Entwicklung wurden kleinbäuerliche Strukturen, landwirtschaftliche Familienbetriebe, Hofläden und Märkte sowie andere lokal und regional vorhandene Erzeuger*innen  sowie Vertriebsstrukturen im Zuge  der Kapitalisierung, Exportorientierung, durch Betriebsmodelle mit größtmöglichen Skaleneffekten und Flurbereinigung in ein global wirtschaftendes Marktsystem überführt, welches regional verwurzelte Strukturen minimierte. Gegen diese Tendenzen spricht sich das Konzept der Ernährungssouveränität, entwickelt von der Organisation La Via Campesina, aus dem Jahre 1996 aus. Es setzt sich für eine aktive demokratische Beeinflussung und Transformation der Lebensmittelwertschöpfungskette von den Anbauflächen bis zum Endverbraucher*innen ein. Globalen Maßstäben werden lokale, regionale sowie nachhaltige Strukturen der Lebensmittelerzeugung entgegengesetzt, deren kleinstrukturierte Bewirtschaftungsweisen, die unter fairen Bedingungen stattfinden und durch deren Anbauweisen Nahrungsmittel mit und nicht gegen die Natur Nahrungsmittel produziert werden. Ziel ist nicht, globale Maßstäbe zu befriedigen, sondern vielmehr in kleinräumigen Wirtschaftssystemen die Bevölkerung vor Ort und im regionalen Kontext mit qualitativ hochwertigen und naturschonenden Nahrungsmitteln zu versorgen. Dazu gehört auch u.a. eine biovegane Landwirtschaft, aber auch eine kleinbäuerliche Produktionsweise mit Tieren, die aber anders als in der industriellen Produktionsweise  unter Selbstverwaltung der Arbeiter*innen stattfindet. Ein Streitgespräch mit Siyah, Luca, Lisa und Janna offenbart Ansichten, die wie Janna flächendeckende Tierhaltung akzeptiert, Luca Tiernutzung aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll erachtet im krassen Gegensatz zur Tierbefreiung stehen. Das wird auch im Artikel zu mehr „Tierwohl“ deutlich, in dem Daniel Wawrzyniak Leid, Gefangenhaltung und Tötung von Tieren aufgreift, sich aber an keiner Grundsatzdiskussion beteiligen will, ob Tierprodukte auf Lebenshöfe konsumieren in Ordnung geht und auch eine kleinbäuerliche Nutztierhaltung befürwortet.

Gesamteindruck:

Die Redaktion weist darauf hin, dass das Thema mehr „Gesichtspunkte“ hat, als dass diese in einer einzigen Ausgabe berücksichtigt werden können. Das Konzept der Ernährungssouveränität führt durch seine Umsetzung zu einer Stärkung der regionalen Versorgung der Menschen im Zusammenspiel mit den Akteuren in der Wertschöpfungskette. Jedoch spricht die Ernährungssouveränität ebenso von demokratischen Strukturen, in denen alle Menschen das Recht haben, selbstbestimmt zu entscheiden, wie sie ihre Lebensmittel konsumieren. Es wird mit dem Titelthema also wieder mal offensichtlich, dass Ernährungsstile umgestellt und regional angepasst werden müssen. Selbermachen, Gemeinschaftsgärten, Solawi's, vegane Ernährung, saisonale und regionale Konsummuster sowie den  Nahrungsmittelbezug abseits der großen Lebensmitteleinzelhändler*innen (Food Coops, Bioläden) sind Lösungen, bedürfen aber Verhaltensänderungen, den gewohnten Lebensstil und anhaltend hohen Fleischkonsum aufzugeben/zu überwinden. Ernährungssouveränität wäre dabei ein gutes Instrument, um Alternativen zu diesen Praktiken aufzuzeigen.