AIB #135
64 DIN-A-4 Seiten; € 3,50.-
AIB, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin
https://www.antifainfoblatt.de/
Mit dem Schwerpunkt-Thema „Die Extreme Rechte und der Ukraine-Krieg“ untersuchen die Autor*innen extrem rechte Verknüpfungen/Allianzen/Positionen in der Ukraine, in Russland
und in Europa. Zunächst greift Carolin Wiedemann auf jene völkische, rassistische Positionen zurück, die in Teilen bereits seit der Corona-Pandemie unter Querdenker*innen, aber auch bis in die
Mitte der Gesellschaft verbreitet ist.
Denis von „Operation-solidarity.org“ erklärt im Interview, dass „nur ein Bruchteil (der ukrainischen Streitkräfte) der extremen Rechten angehört“ und prophezeit, dass – solle Russland den Krieg gewinnen – es in der Ukraine keine Aussicht auf eine unabhängige Politik geben wird. Was bedeutet der russische Einmarsch in der Ukraine für die Friedensbewegung/Antikriegsbewegung in Deutschland? Sebastian Bähr analysiert den Schockzustand, stellt Initiativen und Aktionstage vor. Wier sich europäische Parteien und Politiker*innen zum russischen Angriffskrieg positionieren fasst Ulrich Schneider zusammen. Interessant ist, dass die „wichtigsten europäischen Rechtsparteien keine Probleme hatten, sich der veränderten weltpolitischen Lage anzupassen“.
Gesamteindruck:
Dem russischen Verteidigungsministerium zufolge hat Kiew seit Kriegsbeginn über 6.800 „ausländische Söldner“ aus 63 Ländern rekrutiert. Obwohl viele Freiwillige aus humanitären Gründen in die
Ukraine reisen, schließt dies nicht die Einreise von Personen mit extremistischeren Ansichten und ihrer eigenen Agenda aus.
Es gibt weitere Berichte zu bekannt gewordenen Anheuerversuche von Neonazis, ehemaligen Fremdenlegionären und dem Neonazi-Netzwerk Blood and Honour, den bewaffneten Kampf gegen den
„neobolschewistischen Abschaum“ aufzunehmen und in der ukrainischen Legion zu kämpfen. Hauptanziehungspunkte für militante Neonazis sind ukrainische Freiwilligen-Bataillone, die offen extrem
rechtes Gedankengut propagieren, wie das Regiment Asow, der Rechte Sektor und die Organisation Ukrainischer Nationalisten. Innerhalb der ukrainischen Streitkräfte formierte sich ein extrem
rechtes Netzwerk. Als der Konflikt deeskalierte, wurden diese Bataillone, in manchen Fällen unter Druck, in die regulären Streitkräfte eingegliedert. Auf diesem Weg erlangte die extreme Rechte
die Kontrolle über die Sicherheitskräfte des Landes bzw. stellte ihre starke Präsenz innerhalb derselben sicher: der ukrainischen Armee und der verschiedenen Polizeibehörden einschließlich der
Stadtpolizei und der Nationalgarde, zu der u.a. das Regiment Asow gehört.
Die Asow-Bewegung formierte sich um die Partei Nationalkorps, die von Asow-Veteranen gegründet wurde. Mit der Zeit entpolitisierte sich das Regiment Asow zunehmend. Seine Rolle ist für viele
Rechte eher eine symbolische, obwohl natürlich weiterhin Kontakte zwischen der extremen Rechten und dem Regiment bestehen. Seit 2014 hat seine Radikalität jedoch signifikant abgenommen.
Demgegenüber kämpfen auch viele pro-russische Neonazis für bspw. die offen neonazistischen Aufklärungstruppe Rusitsch, die Kaiserliche Legion oder die Wagner-Gruppe. Während die russische
Propaganda das Neonazi-Problem in der Ukraine übertrieben darstellt, tut der Westen so, als würden diese Neo-Nazis nicht existieren. In der Folge könnten nach dem Krieg Kampfverbände
Veteranenstatus genießen, den sie in so viel politisches Kapital wie möglich zu verwandeln versuchen werden. Extrem rechte Kämpfer haben bereits jetzt eine große Popularität in den Sozialen
Medien erlangt. Und Waffenlieferungen könnten in den Händen der extrem rechten Verbände bis nach Europa gelangen. Der Schwerpunkt verdeutlicht das perfide System im Krieg, das extreme Kräfte für
sich ausnutzen. Krieg ist eben auch ein Informationskrieg: Propaganda und PR. Das wissen extrem rechte Kämpfer und Verbände für sich auszunutzen.