JAMES DOMESTIC
Carrion Repeating LP
Amok Records
Wer sich in den letzten zehn Jahren für britischen Hardcore/Punk interessiert hat, kennt James Scott wahrscheinlich von vielen Bands: THE DOMESTICS, sowie Pi$$er, Bring The Drones, Tokyo Lungs,
Hazard Profile, Kord Vald, Froggy & The Ringes und mit Dis-Tank ein weiteres Solo-Projekt. Und wenn er nicht gerade sein eigenes Material aufnimmt und veröffentlicht, arbeitet er mit
Punkrockern aus weit entfernten Ländern wie Peru zusammen, um über sein Label Kibou Records neue Hardcore-Songs zu veröffentlichen.
James ist ganz bestimmt ein sehr eigenwilliger und sehr akribisch arbeitender Typ, der eine tief sitzende Abneigung gegen Autoritätspersonen hat und drei Songs am Tag schreibt ("Ich schreibe drei
in meinem Kopf, vergesse einen, mache zwei Demos und werfe einen davon weg, weil er Mist ist...der dritte wird aber großartig!"). Darüber hinaus ist James ein Soul/Reggae-DJ, publizierender
Akademiker, Poet, Produzent und Urheber des Begriffs "East Anglian Hardcore", der T-Shirts und als Tattoo-Motiv nackte Haut ziert.
Als JAMES DOMESTIC vermischt er Post-Punk, Krautrock, Psychedelia, Soul, Funk, Reggae und Punk als Symbiose und Referenz für seine vielen kreativen Ideen, die James für sich entdeckt und
ausschmückt. 95% von Carrion Repeating wurde zu Hause aufgenommen wie die meisten seiner Parts und der Gesang von Lu James auf "Is That You?" Ein Teil des Gesangs wurde in einem Bunker in
Rendelsham aufgenommen, wo The Domestics - und manchmal auch The Stupids - proben. Und sämtlicher Gesang von Clare (Gillett) wurde bei ihr und ihrem Mann Matt aufgenommen. Matt hat dort auch die
Steeldrums und die zusätzliche Gitarre bei "Mañana" eingespielt. Eddie O'Toole hat bei einem Song in seiner Wohnung Saxophon gespielt und John Hewson hat bei einem Stück in seiner Bude die
Backing Vocals eingesungen. Es ist ein komplettes DIY-Album, von James abgemischt und dann in der North London Bomb Factory gemastert. Diese Anmerkungen belegen den kreativen Prozess und das
Arbeiten an neuen Songideen als Ventil, seine Ideen alleine und mit Freund*innen umzusetzen. Trotz der stilistischen Vielfalt ist und bleibt Punk das Fundament. Nicht nur die Musik, sondern auch
der DIY-Ansatz, die Einstellung und alles, was dazugehört. James hatte immer einen extrem breit gefächerten Musikgeschmack, und diesmal wollte er sich weniger auf Geschwindigkeit, trashige Riffs
und Aggression konzentrieren, sondern mehr auf Groove, Bass und etwas Pop. Alle elf Songs sind stilistisch ziemlich breit gefächert. Es gibt Songs wie "Push on Through", die stark dem Krautrock
verpflichtet sind. Songs, die eher einen punkigen Rahmen haben, wie "Faze Out" oder "Bean Counter". Es gibt einen abgefuckten Disco-Song - eine Art Chic trifft Ian Dury trifft The Monks. Es gibt
Garagen-Rock mit Saxophonen, Dub-artigen Basslines, Marimba-Elementen und dreckigem Elektro. James agiert mehr wie ein Poet und trägt seine Texte in spoken word-Manier vor wie Leonard Cohen, den
er im Geiste eines Keller-Clubs um Mitternacht einen Drink am Tresen spendiert. Trotz dieser Vielfalt gibt es Elemente, die all diese Songs miteinander verbinden: der markante Bass und die
schnörkellosen Beats. Ein roter Faden also, ein Grundmuster, mit dem James und seine Gäste im Kern einen musikalischen wie persönlichen Zusammenhalt demonstrieren, der zunächst weird, mit
zunehmender Zeit aber sehr intim und vertraut ist.