NOFX
Double Album LP
FAT WRECK CHORDS
Der musikalische Reifeprozess ist offenbar beendet. Fat Mike, die Gitarristen Eric Melvin und El Hefe und Schlagzeuger "Smelly" Eric Sandin haben sind abwechslungsreicher, aber auch
melodramatischer denn je. Die Zusammenarbeit mit Bill Stevenson und Jason Livermore als Produzent/Engineer/Mixer ist das I-Tüpfelchen einer Platte, die tieftraurig und reflektiert ist. Fat Mike
nutzt das Album auch, um persönliche Anekdoten und bislang bestens gehütete Geheimnisse preiszugeben:
Da ist "Joanna Constant Teen", eine 78-sekündige Hommage an die Domina, die während der Produktion seines Musicals Home Street Home sechs Wochen in Mikes New Yorker Airbnb wohnte. ("Sie ist
einfach eingezogen und hat jede Nacht schlimme Dinge mit mir gemacht. Sie sagte: 'Mike, es ist Zeit, einen neuen Song zu schreiben. Fang an, oder du weißt, was passieren wird!' Das war wirklich
cool. Offensichtlich habe ich absichtlich nicht so viel geschrieben.")
"Alcopollack" handelt von dem Booking-Agenten David Pollock, der seit über 30 Jahren mit der Band zusammenarbeitet und wegen seiner ausgesprochenen Ehrlichkeit mehr als nur einen Teil seiner
Kundschaft verloren hat. "Ich habe ihn gefragt, ob es okay ist, wenn wir das auf das Album nehmen, und er meinte: 'Ja klar, es ist gemein, aber lustig.'" "Fuck Day Six" ist eine Geschichte
über die Zeit, in der Mike in einer von Buddhisten geleiteten Reha-Klinik clean wurde. "Jeder, der von Opiaten losgekommen ist, weiß, was 'Tag sechs' bedeutet."
"“Is It Too Soon If Time Is Relative" ist eine komische und grausame Abrechnung mit dem gefeierten Autor/Physiker Stephen Hawking. "Ich habe das geschrieben, bevor er starb", entschuldigt sich
Mike. "Es ist nicht mehr ganz so lustig, weil er es nie zu hören bekommt."
Fat Mike lässt auch sein alter Ego Cokie The Clown aufleben, der mit Songs wie "My Favorite Enemy" und "Don't Count On Me" es darauf anlegt, eine Torte ins Gesicht geworfen zu bekommen.
Die Songs haben Uhh's und Ahh's, Barré und Kawumm. Es liegt der Schleier einer tieftraurigen Stimmung in den komplexen Songs, die den angekündigten Abschied aber auch immer wieder mit dem
NOFX-typischen, knalligen, straighten kalifornischen Melodic-Punk-Sound versüßt. Ein persönliches Reifezeugnis mit Witz und Wehmut.