Erneut massives Tierleid in schwäbischer Schlachterei aufgedeckt: PETA zugespieltes Bild- und Videomaterial vom vergangenen Dezember zeigt extrem grausame betäubungslose und fehlbetäubte Tötungen von Schafen im Schlachtbetrieb „Schäferei Karl Kurz“ in Eberdingen (Kreis Ludwigsburg).
Auf den Aufnahmen sind der Tierrechtsorganisation zufolge verschiedene strafrechtlich relevante Schlachthandlungen zu sehen: Zum einen schneiden Arbeiter mehreren Schafen ohne die gesetzlich vorgeschriebene Betäubung die Kehle durch. Es lag keine Ausnahmegenehmigung zum betäubungslosen Schlachten vor, wie sie beispielsweise zum Schächten erforderlich ist. Zum anderen zeigen die Aufnahmen, dass zahlreiche weitere Schafe nur unzureichend mit einer Elektrozange betäubt und anschließend bei vollem Bewusstsein per Kehlenschnitt getötet werden. Zeitweise war dabei auch eine Person anwesend, die nicht zum Betrieb gehört und mit einem Klemmbrett ausgestattet ist. Ob es sich dabei um eine amtliche Kontrolle gehandelt hat, muss die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Ermittlungen prüfen. Weitere Verstöße bestehen unter anderem in fehlenden Reflexkontrollen und Nachbetäubungen sowie falsch angesetzten Elektrozangen. PETA hat das Kreisveterinäramt Ludwigsburg informiert und Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen die Verantwortlichen erstattet. Die Tierrechtsorganisation fordert neben der dauerhaften Schließung des Betriebs Tierbetreuungs- und Tierhalteverbote für die Verantwortlichen. Weil Fehlbetäubungen in deutschen Schlachtbetrieben an der Tagesordnung sind, appelliert PETA an alle Verbraucher, auf eine vegane Ernährungsweise umzusteigen.
„Die Aufnahmen aus dem Schlachtbetrieb sind extrem bedrückend“, so Agrarwissenschaftlerin Scarlett Treml, Fachreferentin für Tiere in der Ernährungsindustrie bei PETA. „Schafen wird ohne
Betäubung die Kehle aufgeschnitten. Einem Tier wird sogar bei vollem Bewusstsein das Fell vom Kopf abgezogen. Der Todeskampf der Schafe dauerte oft mehrere Minuten, die Schmerzen und Angst der
Tiere müssen unvorstellbar groß gewesen sein. Dies ist bereits der fünfte Schlachtbetrieb-Skandal innerhalb weniger Jahre allein in Baden-Württemberg. Doch Landwirtschaftsminister Hauk versagt
weiterhin dabei, wirksame Kontrollmechanismen einzuführen und der Tierquälerei überführte Betriebe dauerhaft schließen zu lassen. Wir hoffen, dass dieser Fall die Politik nun endlich wachrüttelt
und ihre Untätigkeit beendet.“
Auf den Aufnahmen sind betriebsfremde Personen zu sehen, die ohne Schutzkleidung und augenscheinlich ohne Sachkenntnis den Hals eines Schafsbocks regelrecht durchsäbeln. Das Tier wird skalpiert,
obgleich es noch deutliche Anzeichen von Bewusstsein zeigt. Es muss Schmerzen erlitten haben, die sich niemand von uns auch nur ansatzweise vorstellen kann. Bei dieser Tötung ist zudem ein
kleines Kind anwesend.
Wie das Videomaterial zeigt, wurden in diesem Schlachthof offenbar auch schwangere Schafe getötet. Obgleich die Tötung von Schafen während der Schwangerschaft gesetzlich nicht verboten ist, ist
diese Praxis für uns nicht nachvollziehbar. Die ungeborenen Lämmer wurden zusammen mit den restlichen Innereien offenbar wie Müll entsorgt.
Andere Aufnahmen zeigen eine Ziege, die unter lauten Schreien ins Schlachthaus getragen und grob auf dem Metalltisch fixiert wird. Erst nach dem dritten Anlegen der Betäubungszange verstummen
ihre Schreie.
Mangelhafte Kontrollen und Fehlbetäubungen sind Standard in der Tierindustrie
In deutschen Schlachthöfen liegt die Rate der unzureichenden Betäubung nach Angaben der Bundesregierung je nach Betäubungsart bei Schweinen zwischen 3,3 und 12,5 Prozent und bei Rindern zwischen
vier und neun Prozent. Das sind jährlich weit über fünf Millionen Schweine und mehr als 300.000 Rinder – die Dunkelziffer dürfte nach PETAs Schätzung weit höher liegen. Für Schafe liegen keine
Daten vor.
Das Kontrollsystem in der Agrarwirtschaft ist nach Auffassung der Tierrechtsorganisation geprägt von Vetternwirtschaft, Klientelpolitik und teils politisch gewollter personeller Unterbesetzung.
Tierhaltende landwirtschaftliche Betriebe werden in Baden-Württemberg im Schnitt nur alle 19,3 Jahre kontrolliert.
In ihrer derzeitigen Form sind kameragestützte Überwachungssysteme keine Lösung
Viele Schlachtbetriebe in Baden-Württemberg haben mittlerweile freiwillig Kameras zur Überwachung der Arbeitsabläufe installiert, die dann aber, wenn überhaupt, nur von ihnen selbst ausgewertet werden. Die Bundesregierung erwägt laut Koalitionsvertrag, in größeren Schlachtbetrieben eine allgemeine Pflicht zur Kameraüberwachung einzuführen. Dass dies jedoch PETAs Auffassung nach trotzdem nur der Verbrauchertäuschung dient, zeigt der Fall Backnang. In einem Schlachthof-Skandal wurden dort im Herbst 2022 ein missbräuchlicher Umgang mit den Tieren, eine hohe Fehlbetäubungsrate sowie bauliche Mängel aufgedeckt. Trotz Kameraüberwachung hielten sich weder die Mitarbeiter noch anwesende Veterinäre an geltendes Recht.