LOTTA #90
64 DIN-A-4-Seiten; € 3,50.-
Lotta, Am Förderturm 27, 46049 Oberhausen
www.lotta-magazin.de
Im Schwerpunkt dieser LOTTA-Ausgabe wird zum einen die Junge Alternative (JA) als Teil eines Netzwerkes aus Burschenschaften, Verlage und Publikationen sowie Reste der IB und
andere extrem rechte Gruppen und ihre ideologischen Bezugspunkte analysiert. Zum anderen wird der Frage nach dem Verhältnis der JA zu ihrer Mutterpartei (AfD) nachgegangen. Aufgrund ihrer
parlamentarischen Verankerung bietet die AfD Stellen, Posten und Ressourcen. Ihrerseits benötigt die AfD Nachwuchs, um auf den verschiedenen (lokal-)politischen Ebenen (auch) zukünftig
handlungsfähig zu sein. Mit der JA hat sich eine Kaderstruktur herausgebildet, die sich aber nicht nur als reine Nachwuchsorganisation einer Partei versteht, sondern die darüber hinaus zentraler
Akteur einer rechten Bewegung sein möchte. Antifaschist*innen stellt dies vor neue Herausforderungen. Auch dieser Aspekt kommt im Schwerpunkt zur Sprache.
Zunächst zeichnet Rainer Roeser in einem einleitenden Übersichtsbeitrag die Entwicklung der JA und deren Bedeutung für die AfD nach.
Marcel Hartwig widmet sich der Funktion der JA als „Jugendverband“ und skizziert ihre Selbstbilder und inhaltlichen Bezugspunkte.
Die JA als Teil extrem rechter Netzwerke in NRW, Hessen und Rheinland-Pfalz beschreibt Sebastian Hell in seinem Beitrag.
Über Herausforderungen antifaschistischer Arbeit im Umgang mit der JA sprach Britta Kremers mit Vertreter*innen der Rechercheplattform zur Identitären Bewegung (IB-Doku).
Gesamteindruck:
Durch die im April 2023 erfolgte Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rückte sie bisher am stärksten ins Licht der Öffentlichkeit.
Während das militante Spektrum der extremen Rechten durch Kameradschaftsverbote und Modernisierungsdruck traditionelle Rekrutierungswege verliert und damit insgesamt an Bedeutung einbüßt, bietet
die Parteijugend der AfD Anknüpfungspunkte und Netzwerke für die karriere- bis aktionsorientierte rechte Jugend, die bislang insbesondere in der IB aktionsorientiert war und Vorbild einer
schablonartiger Strategie war: rechte Jungendkulturen attraktiv machen und gestalten. Dabei nutzt die JA inhaltlich eine neue Diskursstrategie: Durch die Etablierung und das Vorantreiben
reaktionärer Narrative sollen der öffentliche Diskurs beeinflusst und Sagbarkeiten ausgeweitet werden. Die sprachliche Abgrenzung zum historischen Nationalsozialismus und heutigen Neonazismus
dient dabei als strategisches Mittel, über das Rassismus oder Antifeminismus in aktualisierter Form salonfähig gemacht werden. Die zunehmende Radikalisierung wird indes von bekannten Seilschaften
vorangetrieben: Burschen und Identitäre, Mitglieder, die sich am völkisch-nationalistischen ‚Flügel‘ orientieren.
Wenn Medien und bürgerliche Parteien die Argumentationsmuster der JA und AfD adaptieren, somit rechte Themenfelder unterstützen, besteht die Gefahr eines Perspektivwechsels hin zu einer
zunehmenden Akzeptanz in der Gesellschaft für extrem rechte Ideologien und Abnahme von Kritik und Protest. Diese(r) sind weiterhin umso wichtiger, weil die Grundrechte in Gefahr geraten, die
Demokratie oder das Recht gebeugt wird.