ITCHY
Dive LP
Findaway Records
Kaum hatte ich mein Frei und Fahrten-Abzeichen, musste ich mir beweisen, dass ich auch unter harten Bedingungen bereit bin, vom Dreier-Springturm ins Becken zu diven. Und so stand ich da oben,
den Wolken so nah, dem kleinen Becken so fern. Hinter mir Stimmen, die mir bedrohlich zuflüsterten, mit fortschreitender Zeit auch anbrüllten: "Spring, Freundchen!"
Ich konnte mich nicht überwinden und stieg die Treppenstufen wieder hinab. Es gab kein Gelächter, nur Mitleid und motivierten Zuspruch, es beim nächsten Mal zu packen. ITCHY haben es offensichtlich auch gepackt und legen einen deep dive vor, der sich gewaschen hat. Pop und Punk als Stütze, etwas Autotune und positive Vibes als Effekte, zornig-wütende Raps von Bademeister Justin Sane, to burn the whole thing down. Gesellschaft, Politik und Religion lassen die Hörer*innen trotzdem auch immer wieder Teil ihrer eigenen Welt werden. Abtauchen und die Badehose verlieren, wieder auftauchen und drauf losprusten. „Für uns ist das Schreiben von neuen Songs, auch nach so vielen Alben, immer noch die beste Art, uns und unsere derzeitige Gefühlslage auszudrücken.“ erzählt Sänger und Gitarrist Sibbi und springt vom Fünfer, als wäre es ein Leichtes. Ich stehe am Beckenrand und bin beeindruckt. Nur kleine Spritzer beim Eintauchen nach dem Sprung. Das ist schon sehr professionell. Und während in der barfuß in der Schlange stehe, um eine Schale Pommes mit Ketchup zu ergattern, höre ich die Menschenmenge am Springturm johlen, feixen und klatschen, weil Sibbi, Panzer und Max ihren high risk, have fun-Habitus versprühen und offensichtlich alle anstecken, es ihnen gleich zu tun und das kühle Nass in einen Geysir zu verwandeln. "Come, join us!" höre ich immer wieder und was soll's. Scheiß auf in der Schlange stehen, es gibt wichtigere Dinge zu tun. Dreier, ich komme!