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SLUTZVILLE

SLUTZVILLE ist eine Queer Punkband aus Grass Valley (Kalifornien). Aktuell ist SLUTZVILLE ein Duo, bestehend aus Jessi Permenter (Gesang, Gitarre) und Natalie Thompson (Background, Schlagzeug). Seit der Bandgründung im Jahre 2003 gab es immer wieder viele Besetzungswechsel. Jessi ist das einzig verbliebene Gründungsmitglied. Jessi und Natalie sind verheiratet, Feministinnen und berichten in einem sehr persönlichen Interview über die Vielfalt und Differenz von Geschlecht, wie diese auf der privaten und öffentlichen Ebene wahrgenommen wird und schildern ihren queeren Lebensentwurf.

„You can say what you want. You can think what you want. Cuz im not here to tell you what to do. Rally, fight, stand together and say fuck you! fuck you! fuck you! Fuck you! S-L-U-T-Z-V-I-L-L-E…1, 2, fuck you!“


Ich wundere mich über die vielen „Fuck you“ Wörter in euren Songs. Seid ihr es Leid zu diskutieren oder was macht euch so wütend?
    Natalie: Ich glaube, dass Wort „fuck“ hat eine Menge Kraft und ist auch funny, es immer wieder in der Öffentlichkeit zu sagen. Aber wir sind natürlich auch immer gerne bereit und nicht müde genug, zu diskutieren, dennoch kann ich manchmal mit „Fuck“ alles auf den Punkt bringen.
    Jessi: Für mich ist es eine Ergänzung und es hat Power. „Fuck“ zu sagen, zu singen und dem – was immer ich auch singe – etwas hinzuzufügen, macht es realer und ist direkt. Ich bin sicher nicht müde, das Wort auch als Machtinstrument zu nutzen oder auszudrücken, was mich wütend macht. Ich könnte tagelang auflisten, was mich wütend macht, könnte tagelang diskutieren über Dinge, die mich wütend machen und frustrieren wie Sexismus, Rassismus, Regierung, Unwissenheit, Amerika, Völker mit allgemeinem Hass aufeinander. Die Liste ist lang und wird nicht aufhören zu wachsen.

Wenn ich schon – warum auch immer – um mein tägliches Überleben kämpfe, ist es nicht immer möglich, nur „nett“ zu sein, oder?
    Natalie: Ich denke, wenn du ums Überleben kämpfst, dann ist es schwierig, nett zu sein. Es manchmal begründet, aber es sollte nie der Grund sein, wenn es um das Überleben geht. Dir könnte etwas Leid tun, für Dinge, die du getan hast, aber wir sind auch nur Menschen und handeln, wie wir uns in den Situationen fühlen.
    Jessi: Ich stimme Natalie zu. Wenn du für dein Leben kämpfst, dann ist es nicht immer möglich, nett zu sein. Du musst immer danach streben, Erste*r zu sein, weil es von dir erwartet wird, aber ich denke nicht, dass es notwendig ist, nett zu sein, um voranzukommen und dein Leben zu leben.

Ist SLUTZVILLE für dich auch eine Möglichkeit, queer-feministische Initiativen mit politischen Konzepten zu verknüpfen? Was sind dabei eure Inhalte und Ziele?
    Natalie: Ich glaube, es sind noch eine Menge von Veränderungen notwendig, damit politische Konzepte mit queer feministischen Inhalten gefüllt werden und dabei erfolgreich sein können. Wir sind immer noch dabei, dafür zu kämpfen, diejenigen zu heiraten, die wir lieben und die gleichen Rechte für unseren Körper zu bekommen. Ich möchte mehr Gleichheit sehen. Ich möchte weniger Angst sehen. Angst haben müssen, für gleichgeschlechtliche Liebe angegriffen zu werden. Das ist, warum ich Feminismus liebe, weil Feministinnen für das, woran sie glauben kämpfen und keine Angst haben. Die Menschen, die am meisten hassen, haben auch die meiste Angst.
    Jessi: Ich denke, wir verwenden Slutzville auch als eine Möglichkeit, über Probleme zu „sprechen“, die wir haben und lernen müssen, täglich mit unseren Ängsten, Problemen zu Sex, Geschlecht, Bedürfnissen umzugehen. Vieles muss sich ändern, damit wir beruhigt sind, falls wir das überhaupt jemals sein können.


«Your hatred and your ignorance can't stop us. Your lies and intolerance can't stop us. Your sexism and fear can't stop us. Your power and your religion will never stop us»

(Auszug aus „Nazi bitch die“)


Jessi, du trägst NOFX Merch. NOFX sind eine kontroverse Band, die immer wieder mit sexistischen Vorwürfen konfrontiert werden. Sie haben auch einen Song wie bspw. „72 hookers“, indem es heißt: „72 virgins can never stop a war, but 100.000 hookers can beat the Marine Corps(...)Ship the girls gone wild to Afghanistan, they´ll gladly blow the Sheiks(...)When everyone is getting blow jobs, that´s when we´ll finally have world peace.“
Jessi: Blow Jobs für den Weltfrieden? Sendet alle Jungfrauen nach Afghanistan? Sänger Fat Mike ist sicherlich nicht dumm und weiß, dass er damit provoziert. Aber mit Ironie kann er auch das Gegenteil erreichen und verstärkt heteronormative Verhaltensmuster.
    Natalie: Ich gebe zu, es gibt Dinge, über die er singt, mit denen bin ich nicht einverstanden. Aber andererseits singen wir auch über Dinge und Verhaltensweisen, mit denen andere nicht einverstanden sind. Ich denke, es gibt dutzende von einflussreichen Menschen auf dieser Welt, die mehr tun und bewegen können, aber ich bin nicht jemand, um denen zu sagen, was sie besser machen sollen und wie sie die Welt besser machen können. Ich persönlich mag NOFX, aber es gibt einige Texte von Fat Mike, die mich erschaudern lassen.
    Jessi: Ich stimme vielen Dingen nicht zu oder bin nicht einverstanden, was Fat Mike sagt und singt, auch wenn er versucht nur lustig, ironisch zu sein. Aber es gibt  auch eine Menge Dinge, denen ich zustimmen kann oder mit denen ich einverstanden bin. Es ist ein ambivalentes Verhältnis. Es ist echt schwierig, eine Band zu finden, mit der du 100% einverstanden sein kannst, die sich mit deinen aufgestellten Idealen deckelt, denn jede*r hat unterschiedliche Ansichten zu den verschiedensten Themen. Das ist auch gut so. Ich bin sicher, dass viele Leute auch nicht einverstanden sind, mit dem, worüber wir singen, was wir in unseren Texten thematisieren.

Lass uns über eure Veröffentlichungen sprechen. Euer aktueller Release „DIY or die“ enthält alte Lieder aus dem Jahr 1997 und nur ein paar neue Songs. Warum habt ihr in 8 Jahren keine Ideen für neue Songs entwickelt?
    Natalie: Nun, Slutzville ist seit 2003 eine Band und Jessi ist das einzige Originalmitglied. Es gab dazwischen auch immer wieder Bandpausen. Ich kam Ende 2012 in die Band, noch mit einem Bassisten. Wir mussten dann mehr als 10 Lieder lernen und neu einspielen, und das war nicht einfach, denn dies ist die erste Band, in der ich je gewesen bin. So etwa seit Ende 2013 haben wir angefangen, neue Songs/Texte zu schreiben. Aus diesem Prozess sind dann auch neue Songs entstanden!
    Jessi: Es ist schon eine Herausforderung, ständig kreativ zu bleiben, wenn es immer wieder neue Besetzungen in der Band gab. Ich trage Slutzville in meinem Herzen, die Band und die Kreativität ist mir wichtig und würde das auch niemals aufgeben. Aber es ist ermüdend, neuen Leuten immer wieder die Songs anzulernen und für die Shows einzuspielen und einen tighten Sound hinzukriegen und nicht, um sich einen Dreck darum zu scheren und sich anstelle dessen lieber zu betrinken, als zu musizieren. Wir sind glücklicherweise nun eine konstante Besetzung, ein Duo, was es einfacher macht, sich abzusprechen und sind auch in einem Prozess, wo wir neue Songs schreiben, mit neuen Elan und der Gewissheit, dass die neuen Songs besser sind, als die alten. Und dass die alten Songs in der überarbeiteten Versionen besser klingen, als früher.

Natalie says:

«Sei einfach du selbst. Es gibt keine Regeln!»

Ihr spielt ja als Duo. Auf der Bühne hattet ihr aber auch einen Bassisten. Warum war/ist das keine dauerhafte Lösung für die Band?
    Natalie: Nun, wir hatten einen Bassisten. Aber das hat nicht funktioniert. Wir wollen jemanden, der wirklich mit Herzblut bei der Sache ist, um mit uns zu spielen. Der/die so leidenschaftlich Punk-Rock spielt und die gleichen Überzeugungen hat wie wir. Es ist echt schwierig, jemanden zu finden, der/die dazu bereit ist, zumindest hier in unserer Umgebung. Also geben wir uns mit den Umständen zufrieden, dass wir zu zweit unterwegs sind und machen einfach das beste daraus.
    Jessie: Nachdem Slutzville 2003 gegründet wurde und seitdem über 10 verschiedene Mitglieder kamen und gingen, bin ich an einen Punkt angelangt, an dem ich glaube, dass weniger mehr ist. Als es wieder mal im vergangenen Jahr mit einem Bassisten nicht geklappt hat, haben wir für einen Monat aufgehört zu spielen und haben krampfhaft versucht, eine*n neu*n Bassist*in zu „rekrutieren“.
Letztendlich habe ich mir gesagt, „Hey, warum nicht einfach als Duo weitermachen?“
Schließlich gibt es dutzende von Bands, die als Duo spielen, und dass mit einer bewussten Entscheidung, was vielleicht immer noch als „besonders“ wahrgenommen wird. Jedenfalls haben wir dann begonnen, die Songs anders zu arrangieren und haben uns in der Feinabstimmung an der Basslinie orientiert. Nach unserem ersten Live-Auftritt als Duo habe ich dann keine Notwendigkeit mehr gesehen, jemand weiteres in die Band zu holen. Ich finde es hervorragend, auf diese Art und Weise zu spielen und trotzdem kann es passieren, dass uns irgendwann ein*e engagierte*r Punk-Rock-liebende Type, ein*e Bassist*in, in den Schoß fällt. Aber irgendwie glaube ich nicht daran, sondern bin davon überzeugt, dass es mit Natalie und mir als Duo eine dauerhafte und gute Lösung ist.



«Ich hätte schon viel erreicht, wenn ich mindestens eine Person davon überzeugen kann, ihre Zweifel zu beseitigen und ihr aufzeigen kann, dass es normal ist, wie ich bin»

- Natalie


Innerhalb der Punk-Subkultur gab und gibt es viele konkrete Hinweise und Anzeichen für Homophobie und konservative Regeln, was und wer Punk ist. Warum ist es so wichtig, eine eigene queere Subkultur zu entwickeln?
    Natalie: Es gibt auf jeden Fall einige Dogmen und Szene-Regeln, mit denen ich absolut nicht einverstanden bin. Vieles läuft über Äußerlichkeiten bzw. wird darüber definiert, ob du nun Punk bist oder nicht. Es gibt einige, die mich nicht für einen Punk halten, weil meine Hose nicht komplett mit Aufnähern zugeballert oder zerrissen ist oder weil ich keine rebellische extreme Persönlichkeit habe. Aber ich kann sagen, „Ich bin Punk“, weil ich mich dafür entschieden habe, und weil ich den Lebensstil lebe.
Ich finde es absolut nicht richtig, wenn Menschen andere nach ihrem Aussehen (ver)urteilen, nur, weil sie sich dabei nicht so kleiden wie sie selbst. Wir haben viel zu lange Zeit damit verbracht, jemanden nach des Äußeren zu bewerten. Was soll das? Wichtiger ist doch, sich wohl zu fühlen in seiner Haut. Und nicht so zu sein wie es von dir erwartet wird.
    Jessi: Ich habe nie verstehen können, warum es überhaupt diese Regel geben muss, wie Punk zu sein hat und wer das überhaupt bestimmt. Denn das ist nicht die Vorstellung von Punk, wie ich sie habe. Jemanden nach dem Aussehen zu klassifizieren ist definitiv kein Punk. Mir geht es darum, so sein zu können wie ich bin und nicht das Gefühl haben zu müssen, ich entspreche nicht „ihren“ Erwartungen oder handele so, wie es von mir erwartet wird, oder dass ich mich zu benehmen habe, wie andere es von mir verlangen. Das wäre doch auch absurd, wenn andere zu dir sagen, nur weil du bspw. neue Hosen anziehst, bist du kein Punk und darfst keine Punkmusik hören. Für mich bedeutet Punk, einfach ich selbst zu sein, zu tun, was ich will und mich nicht darum zu kümmern, ob das jemand anders genauso sieht oder mich dafür kritisiert. Wenn jemand sagt, ich sei kein Punk oder nicht Punk genug, kann der/die sich verpissen. Ich weiß, wer ich bin und muss mich niemanden gegenüber beweisen. Ich denke, viele haben eine falsche Vorstellung, was Punk ist und für was Punk steht. Sich wie ein Arschloch zu benehmen und Randale machen, sich betrinken, vulgär zu sein, unhöflich, nur um aufzufallen, ist ja ein gekünsteltes Verhalten. Sei einfach du selbst. Es gibt keine Regeln!

Mit welchen Problemen und Konflikten bist du konfrontiert, als Punk und Queer in Grass Valley zu leben, ohne sich an die gesellschaftlichen tradierten Normen zu orientieren?
    Natalie: Es ist nicht einfach. Es gibt nur eine relativ kleine Punk-Szene hier...und schon gar nicht eine queere Szene. Es gab zahlreiche Situationen, in denen wir gedemütigt, schikaniert wurden, abfällig über uns geredet wurde, wenn wir öffentlich aufgetreten sind. Wir sind nur so gut, wie alle anderen, die hier leben, aber nur, weil wir nicht als die „normale“ Familie angesehen werden, gibt es deutlich spürbare Sanktionen und Reaktionen, die uns entgegenschlägt. Grass Valley ist eine wirklich wunderschöne Stadt, aber ich fühle mich in meiner Haut oft nicht wohl. Du fragst dich jetzt sicherlich, warum ich die Stadt nicht einfach verlasse und wegziehe. Aber es ist meine Familie, die mir Halt gibt, die ich liebe und die mich akzeptiert wie ich bin. Die uns unterstützt und uns das Gefühl gibt, dass wir uns wohl fühlen.
    Jessi: Es gibt unzählige Probleme hier in Grass Valley. Wir werden wegen unserem Queer sein beurteilt, gehasst, schikaniert, angepöbelt werden. Aber die Stadt hat auch schöne Seiten, diese zu genießen lasse ich mir nicht nehmen.

Welche Strategien hast du entwickelt, um die Prinzipien der normativen Weiblichkeit, Heteronormativität, zu bekämpfen? Fühlst du dich stigmatisiert?
    Natalie: Nun das ist eine schwierige Frage für mich. Ich kleide mich ja nicht typisch „mädchenhaft“ und finde es spannend, wenn ich andere so vor den Kopf stoße und freue mich über die kontroversen Reaktionen, wenn  Leute mich anstarren. Ich fordere heraus, dass sie darüber nachdenken, was typisch weiblich oder männlich ist. Ich will aber auch, dass sie mich akzeptierten, wie ich bin, dass ich in Ordnung bin. Und wenn nicht, dann können sie sich verpissen. Ich kann einem Hund neue Tricks beibringen, aber ich kann Menschen nicht ändern. Wenn ich mich chic und mädchenhaft kleide, bin ich in ihren Augen süß und nett. Wenn ich mich kleide wie ein Junge, mit zerrissenen Hosen, weiten Shorts etc. bin ich in ihren Augen nicht normal. Ich will mich nicht entschuldigen oder rechtfertigen, wie ich aussehe, was und wer ich bin.
Kindern, die sich fragen, ob ich bin ein Junge oder ein Mädchen bin, kann ich erzählen, dass die Jungs sich auch wie Mädchen anziehen dürfen und umgekehrt und trotzdem in Ordnung sind und glücklich sein können. Ich möchte erreichen, das Leute ihre eigene Sexualität, die tradierten Verhaltensmuster reflektieren und ihre Vorstellungen von „anders“ und „normal“ überdenken. Ich hätte schon viel erreicht, wenn ich mindestens eine Person davon überzeugen kann, ihre Zweifel zu beseitigen und ihr aufzeigen kann, dass es normal ist, wie ich bin.

Queer basiert auf einer Sex-positiven Philosophie. Was bedeutet queer sein für dich?
    Natalie: Es bedeutet mir alles. Es bedeutet, du kannst sein, wer du sein willst, ohne dafür be- und verurteilt zu werden, ohne in Angst und Schande leben zu müssen.
 Angst haben zu müssen, so zu sein wie du bist, nur weil andere dich als „anders“ stigmatisieren. Dass sollte dich niemals davon abhalten, glücklich zu sein. Ich habe meine Sexualität viel zu lange versteckt, weil ich Angst hatte, nicht akzeptiert zu werden.
Der queere Lebensstil hat mein Leben verändert in einer bestmöglichen Art und Weise. Ich würde nichts ändern wollen.
    Jessi: Ich denke, dass es für jede*n sehr wichtig ist, zufrieden und glücklich zu sein. Klar ist es schwierig, wenn dir Hass und Verachtung entgegenschlägt, nur weil du schwul, lesbisch, queer, trans, inter bist. Dann ist es nicht immer einfach, diese Reaktionen und Stigmatisierungen zu verarbeiten. Für mich bedeutet queer sein, dass ich bin, wer ich bin, und ich zufrieden damit bin. Ich habe mich vom ersten Moment erleichtert und 100 % glücklich gefühlt, als ich zum ersten Mal gemerkt habe, dass ich queer bin.

In Subkulturen wird die Queer Theorie wenig thematisiert. Queer ist nicht ausschließlich homosexuell und lesbisch; es ist eine unabhängige, gleichgestellte, DIY, grenzenlose, selbstbewusste, sex-positive, provokante Denkweise. Wie kannst du einen Dialog und eine Zusammenarbeit in einer nicht queeren Community fördern?
    Natalie: Nun, ich denke, deine Frage in Bezug auf Zusammenarbeit und Kommunikation ist für die Menschen interessant, die den queeren Lebensstil ablehnen. Diese zu erreichen ist wichtig. Ich gebe gerne bereitwillig Auskunft über meinen Lebensstil. Ich habe eine Menge Leute sehr viele abfällige Bemerkungen über mich sagen hören. Darüber kann ich inzwischen einfach nur lachen und erzähle ihnen direkt ins Gesicht, was ich dazu denke. Meistens halten sie ihren Mund und vielleicht lernen sie sogar etwas Neues oder bestenfalls kann ich sie zum Nachdenken bringen, kann ihre Einstellung zur Sexualität ändern. Manchmal habe ich aber auch einfach zu hohe Erwartungen...
Andererseits kann ich natürlich nicht ihre Aufmerksamkeit erzwingen, wenn ich ihnen meinen queeren Lebensstil erklären will. Aber ich kann den queeren Lifestyle, den Punk Lifestyle und die Menschlichkeit verteidigen.

Wie lässt sich eine Freundschaft in einer Gesellschaft  stärken, die nicht auf traditionelle heteronormative Rollenmodelle basiert?
    Natalie: Ich sehe die Liebe als die Liebe. Ich glaube nicht, dass du ein perfektes Bild einer Freundschaft oder einer Beziehung haben oder dir dieses als Vorbild nehmen solltest. Das ist ist nicht wichtig. Als ich Jessi begegnete, wusste ich sofort, ich will immer mit ihr zusammen sein. Es war ein gutes Gefühl, tief in mir drin. Dieses Gefühl hatte ich noch niemals zuvor für jemand anderen empfunden.
Jessi: Liebe ist Liebe, und ich hoffe, dass mehr Menschen erkennen, dass es ist dafür keine Struktur oder Regeln gibt, denn es gibt keine Form für Liebe.

Die Anti-lookism Gruppen kritisieren Schönheitsideale und Körper Standards. Musstest du erst lernen, dich und deinen Körper zu akzeptieren? Hast du in dem Zusammenhang stereotype Bilder hinterfragt?
Natalie: Es ist sehr schwer nachzuvollziehen, dass Frauen und Männer ihren Körper nicht akzeptieren können und diesen ständig bemäkeln oder sich sogar hassen, sich nicht für „perfekt“ halten. Ich selbst bin auch in dieser Position gewesen. Ich kann heute ganz offen sagen, dass ich früher ständig im Konflikt war, den Normen der Körper- und Schönheitsstandards zu entsprechen. Es war ein langer Prozess, mich so zu lieben wie ich bin. Es ist ist eine gesellschaftliche, industrielle, mediale Propaganda, die vor allem Mädchen suggeriert, Diäten machen zu müssen, um so auszusehen wie die Model in den Zeitschriften oder im Fernsehen. Ihnen wird eingeredet, sie seien zu dick und entsprechen nicht der Norm, also quälen sie sich fast bis zum Tode.  Das macht mich traurig und wütend, weil du genauso schön und besonders bist so wie du bist.
    Jessi: Ab und zu kämpfe ich mit Körper Standards, aber ich glaube nicht, dass die Model in Zeitschriften und im TV Vorbilder sind, wie die Menschen sein möchten oder sich bemühen, so aussehen zu wollen. Stereotype Bilder lassen Menschen sich selbst hassen, weil sie nicht dem Ideal entsprechen, weil sie nicht so dünn, so groß, so blond, so schön sind wie die Menschen in Zeitschriften und im TV.

Was denkst du über Self-Care? Ist das ein wichtiger Aspekt für dich, um dich wertvoll zu fühlen?
    Natalie: Ich denke, jeder braucht Selbstfürsorge. Meistens musst du dich ja auch um dich selbst kümmern. Wenn du dich nicht selbst liebst, kannst du andere Menschen auch nicht wirklich lieben. Ich fühle mich selbst in den meisten Fällen wertvoll.

Andererseits ist Self Care auch mit der Vorstellung verknüpft, wie Frauen sich zu verhalten haben. Was stärkt deinen Aktivismus?
    Natalie: Ich glaube, wenn du wirklich nach einer Veränderung strebst, kannst du die auch erreichen. Egal ob du lesbisch, schwul, straight, bi, trans, asexuell oder irgendetwas anderes bist. Hab keine Angst, deine Einzigartigkeit zu zeigen. Kümmere dich nicht darum, was die anderen sagen. Kümmere dich um dich, um deine Freunde. Setz dich für sie ein. Wenn wir alle zusammen aufstehen, dann werden sie sehen, es gibt mehr von uns, dann gibt es vor diejenigen, die auf uns herabsehen, nichts zu befürchten.
    Jessi: Es gibt so eine große Vielfalt in der Welt, wir brauchen uns nur zu umarmen. Jede*r sollte versuchen, sich selbst zu lieben, andere mit Liebe und Güte begegnen und wie Natalie sagte, für sich selbst einzustehen und anderen helfen, es zu lernen.

Mehr:
Songs: http://slutzville.bandcamp.com/
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