OX #170
164 DIN-A-4-Seiten; € 6,90.-
OX-Fanzine, Postfach 110420, 42664 Solingen
www.ox-fanzine.de
Joachim plädiert für eine digitale Selbstbestimmung aus Angst vor einem verpflichtenden Social Score-System, in dem der Wert eines Menschen bemessen wird. Alex Gräbeldinger
macht sich dagegen Sorgen um die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung, während Tom van Laak unter Long-Covid-folgen leidet und hofft, dass sich im Toskana-Urlaub sein torkelndes
Gangbild sowie seine nervöse Blase entspannen wird.
Hanny und Stevie von CLOWNS mutmaßen, dass ihr Geheimnis des Erfolges und der positiven Ausstrahlung an den kurzen Shorts liegt. Chris von PRIVATE FUNCTION glaubt, dass Rock and Roll als
Kunstform ausstirbt und Frauen ihn auf die Ideen beim Songwriting bringen, „die dein blödes männliches Gehirn nie ausgebrütet hätte“. Mike und Stéphane haben 1978 THE BUTTOCKS ausgebrütet und
sprechen mit Triebi Instabil über Punk in Hamburg, musikalische Einflüsse und Erlebnisse von Konflikten mit Teds und die Rolle der Frau* im Punk. ‚Frontfrau‘ (sic!) Martina von ÖSTRO 430 muss
nicht von jedem geliebt werden, gendert nicht gerne und ist David Bowie-Fan seit „Ziggy Stardust“. Sänger Tom May von THE MENZINGERS indes ist Fan von psychedelischen Pilzen und Bruce
Springsteen, währenddessen Caps von CHARGE 69 und Betreiber von COMBAT ROCK rät dazu, nur seinem eigenen Willen zu folgen und frei zu sein.
Casey Roger von D.I. klärt, dass er SOCIAL DISTORTION gegründet hat und die Mike Ness’-Gesangslinie von „1945“ (...Atom Bomb...TNT…) hin zu „Amoeba“ auf seinem Mist gewachsen ist. Eine spannende
Zeitreise ist Lurker Grands Fortsetzung im Gespräch mit Rämi von „DER BÖSE BUB EUGEN“, eine akribische Aufarbeitung der Bandgeschichte und Kommentare zu den Begleit-Umständen von Konzerte,
Studioaufnahmen und Releases. Da hilft Rocken oder die Einstellung von Eugene Robinson, dass „irgendwas auf dieser Kloschüssel von einem Planeten sehr viel Wert ist“. Triebi Instabil taucht dann
mit BLANKER HOHN in die Vergangenheit und deren Bandgeschichte und Punk in der BRD ein. Fat Mike wird von Joachim Hiller noch mit NOFX assoziiert, der aber längst mit dem Kapitel abgeschlossen
und Pink ins Museum gebracht hat. POPPERKLOPPER sind dafür immer noch up to date und haben Songs und Ideen für zig weitere Platten.
Gesamteindruck:
Eine sehr gute neue Ausgabe mit vielen, für mich interessanten, Interviews, die aus der Zeit erzählen, als die Luft noch rein, das Wasser sauber und der Sex schmutzig war. Nicht nur retro, sondern auch zeitgemäß. Punk ist so vielseitig und vielschichtig wie kein anderes Musikgenre. Das versucht das OX immer wieder aufs Neue zu repräsentieren und Merkmale des Punk, der Rebellion, Individualität und Ausdruck zu betonen.