Jeder Mensch strebt danach, möglichst zahlreiche Belohnungen und möglichst wenige Bestrafungen zu erhalten. Dies ist auch in Partnerschaften so: Man möchte viele positive und wenige negative
Erfahrungen machen.
Der Begriff Macht kommt nun ins Spiel, sobald man sich überlegt, durch wen man diese Belohnungen und Bestrafungen erhält. Wenn z.B. ein Mann seiner Frau Blumen schenkt und diese sich darüber
freut, hat sein Verhalten positive Konsequenzen für die Frau.
Kritisiert der Mann dagegen seine Frau, hat das negative Auswirkungen auf sie. Würde sich jedoch die Frau ihre Blumen selbst kaufen oder sich selbst kritisieren, erzielte sie zwar ein genauso
gutes oder schlechtes „Ergebnis“ , wäre jedoch vom Verhalten des Mannes völlig unabhängig.
Wir können also davon ausgehen, dass Macht und die Abhängigkeit in jeder Partnerschaft vorhanden ist. Man ist dann vom Partner abhängig, wenn wichtige Belohnungen nur über den Partner erreicht
werden können. Kann man sich seine Belohnungen dagegen selbst beschaffen, ist man unabhängig.
Unabhängig zu sein ist ein sehr wichtiges und wertvolles Streben. Genauso wichtig ist es, sich nie oder über einen längeren Zeitraum machtlos fühlen zu müssen, sich auf Machtspiele einlassen und sich einreden zu lassen, man sei nicht dankbar genug. Kann der Mann sein Bedürfnis nach persönlichen Gesprächen nur mit seiner Partnerin befriedigen, während die Frau außer mit ihrem Mann auch mit guten Freunden reden kann, ist er unter diesem Aspekt abhängiger als sie. In der Folge und in der letzten Konsequenz kann das fatale Folgen für die Frau haben. Wenn der Mann – aufgezehrt von Eifersucht und Kontrollverlust – der Frau untersagt, mit anderen Freunden und Freundinnen Gespräche zu führen und sich die Frau darauf einlässt, um den Mann nicht zu enttäuschen, zu verärgern, hat der Mann die Frau bestraft, um Macht auszuüben. Dieses Verhalten ist ein Teil des Bestrafungssystems. Mann kann den Partner beeinflussen, indem man ihn für unerwünschte Verhaltensweisen bestraft.
Dazu gehören Kritik oder Liebesentzug; im Extremfall kann diese Bestrafung auch die Ausübung körperlicher Gewalt beinhalten.
Hierbei handelt es sich um ein Verhaltensmuster, das in der Psychologie als emotionaler Missbrauch oder manipulative Kontrolle bekannt ist. Diese Dynamik kann auf verschiedene Weise auftreten und
hat tiefgreifende Auswirkungen auf das Wohlbefinden des betroffenen Partners.
- Kontrolle und Machtmissbrauch:
Der Mann versucht, die Frau zu kontrollieren, indem er ihr verbietet, mit anderen Personen zu sprechen. Dies ist ein Versuch, seine Machtposition zu festigen und ihre soziale Interaktion einzuschränken. Kontrolle über soziale Kontakte ist ein typisches Zeichen von missbräuchlichem Verhalten, da es die Isolation des Partners verstärkt und ihn abhängiger vom Missbraucher macht. - Eifersucht und Unsicherheit:
Die Grundlage dieses Verhaltens ist oft tiefe Eifersucht und Unsicherheit. Der Mann fürchtet, dass die Frau durch den Kontakt mit anderen Menschen unabhängiger werden könnte oder dass sie Gefühle für jemand anderen entwickeln könnte. Diese Angst führt zu kontrollierendem Verhalten, um die vermeintliche Bedrohung zu minimieren. - Bestrafung als Manipulationswerkzeug:
Bestrafung kann verschiedene Formen annehmen:
- Emotionale Bestrafung: Dazu gehört Liebesentzug, Schweigen (Silent Treatment), Kritik oder Schuldzuweisungen.
- Körperliche Bestrafung: In extremen Fällen kann dies auch körperliche Gewalt umfassen.
- Auswirkungen auf die betroffene Person:
Die Frau könnte, aus Angst vor den Konsequenzen und um Konflikte zu vermeiden, tatsächlich aufhören, mit anderen Freunden und Freundinnen zu sprechen. Dies führt zu Isolation, geringem Selbstwertgefühl und dem Gefühl, ständig auf Eierschalen zu laufen. Langfristig kann es zu ernsthaften psychischen Problemen wie Depressionen, Angststörungen und einem Verlust des Selbstwertgefühls kommen. - Das System der Bestrafung:
In manipulativen Beziehungen ist das System der Bestrafung ein zentraler Mechanismus, durch den der manipulative Partner seine Kontrolle aufrechterhält. Es ist ein Werkzeug, um Macht auszuüben und den Partner in einem Zustand ständiger Unsicherheit und Abhängigkeit zu halten.
Prävention und Hilfe:
Bewusstsein und Bildung: Verständnis für die Dynamiken von Machtmissbrauch und emotionalem Missbrauch kann Betroffenen helfen, die Situation zu erkennen und sich Hilfe zu suchen.
- Therapie und Unterstützung: Professionelle Hilfe durch Psychologen oder Therapeuten kann entscheidend sein, um sich aus solchen missbräuchlichen Beziehungen zu befreien.
- Soziale Unterstützung: Ein starkes Netzwerk von Freunden und Familie kann Betroffene unterstützen und ihnen helfen, den Mut zu finden, aus der Beziehung auszubrechen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die oben skizzierte Situation ein typisches Beispiel für emotionalen Missbrauch ist, bei dem ein Partner durch Kontrolle und Bestrafung versucht, Macht über den anderen auszuüben. Das Verständnis dieser Mechanismen ist der erste Schritt, um sich aus solchen schädlichen Beziehungsmustern zu befreien und gesündere, gleichberechtigte Beziehungen aufzubauen.