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Was wäre, wenn die AfD verschwindet?

Der Aufstieg der AfD hat in den letzten Jahren die politische Landschaft in Deutschland erheblich verändert. Mit einer klar rechtsgerichteten Agenda hat die Partei Stimmen aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gesammelt, von sogenannten Protestwähler*innen bis hin zu konservativen Wähler*innen, die sich von den etablierten Parteien nicht mehr repräsentiert fühlen. Doch was wäre, wenn die AfD plötzlich aus der politischen Landschaft verschwinden würde? Dieser Gedanke wirft viele Fragen auf, vor allem in Bezug auf das rechte Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft, die Reaktionen der demokratischen Parteien und das Dilemma der Antifa.

Rechtes Gedankengut bleibt bestehen

Die AfD hat in den vergangenen Jahren eine politische Bühne für rechtspopulistische, nationalistische und in gehäuften Fällen rassistische Ansichten geschaffen. Ein Verschwinden der AfD würde jedoch nicht bedeuten, dass diese Einstellungsmuster automatisch verschwinden. Viele dieser Meinungen sind in der Gesellschaft tief verankert. Studien haben gezeigt, dass es schon lange vor dem Aufstieg der AfD rechte Tendenzen und Fremdenfeindlichkeit in der Mitte der Gesellschaft gab. Die Partei hat lediglich einen bestehenden Unmut kanalisiert und sichtbar gemacht.

  • Verbreitete rechte Einstellungsmuster: Rassismus, Nationalismus und fremdenfeindliche Ansichten sind in Teilen der Gesellschaft historisch verwurzelt.
  • Unzufriedenheit und Ängste: Die AfD hat sich als Ventil für diejenigen etabliert, die sich von der politischen Mitte nicht mehr vertreten fühlen.
  • Gesellschaftliche Spaltung: Auch ohne die AfD bleibt die Spaltung in der Gesellschaft bestehen. Es gäbe weiterhin eine breite Gruppe von Menschen, die sich politisch heimatlos fühlen würden und ihre Ansichten möglicherweise in andere Richtungen lenken könnten.

Demokratische Parteien übernehmen rechte Positionen

Ein häufig beobachtetes Phänomen in Europa ist, dass etablierte demokratische Parteien, wenn eine rechtspopulistische Partei stark wird, beginnen, deren Themen und Positionen zu übernehmen. Dieser Effekt könnte sich verstärken, wenn die AfD verschwinden würde. Parteien wie die CDU, FDP und teilweise auch die SPD könnten versuchen, das Vakuum zu füllen, um Wähler*innenstimmen aus dem rechten Spektrum zurückzugewinnen.

  • Themenübernahme: Migrationspolitik, Sicherheit und nationale Identität könnten verstärkt auf die Agenda der großen Parteien rücken.
  • Verschiebung des politischen Diskurses: Themen, die zuvor als Randthemen galten, könnten Teil des Mainstreams werden, wenn etablierte Parteien versuchen, Wähler aus dem rechten Lager anzusprechen.
  • Langfristige Gefahr für die Demokratie: Eine Annäherung an rechte Positionen könnte langfristig den demokratischen Diskurs verschieben und die Akzeptanz für autoritäre und undemokratische Ansichten erhöhen.

Das Dilemma der Antifa

Die antifaschistische Bewegung hat sich in den letzten Jahren stark auf den Widerstand gegen die AfD konzentriert. Wenn diese Partei nun verschwindet, würde die Bewegung vor einem Dilemma stehen: Der offensichtliche Gegner wäre weg, aber die ideologischen Probleme, gegen die sie kämpft, blieben bestehen. Die Antifa müsste sich neu organisieren und entscheiden, auf welche Kräfte und Strukturen sie sich konzentrieren möchte, insbesondere da rechte Einstellungen nicht mit der AfD verschwinden würden. Ohne eine klar sichtbare politische Partei wie die AfD könnte es schwieriger werden, den Gegner zu definieren, was die Arbeit der Antifa verkomplizieren könnte. Wenn etablierte Parteien rechte Positionen übernehmen, könnte die Antifa gezwungen sein, auch gegen sie Widerstand zu leisten, was die Bewegung in ein noch größeres Spannungsfeld bringen würde.

Fazit

Das Verschwinden der AfD würde die politische Landschaft in Deutschland zweifellos verändern, aber es würde keineswegs bedeuten, dass rechte Einstellungsmuster aus der Gesellschaft verschwinden. Die etablierten demokratischen Parteien könnten rechte Positionen übernehmen, um das entstandene Vakuum zu füllen, was den politischen Diskurs weiter nach rechts verschieben würde. Gleichzeitig stünde die Antifa vor der Herausforderung, sich neu auszurichten und gegen tiefere, gesellschaftliche Strukturen anzukämpfen, statt gegen eine sichtbare politische Partei.
Die Gefahr besteht darin, dass das Problem des Rechtsradikalismus in der Gesellschaft weiterhin besteht, auch wenn die AfD als Partei nicht mehr präsent ist.