Zymt
Hochstapeln in der Bückzone LP
My Ruin / Spastic Fantastic / Broken Silence
Mit ihrem neuen Album Hochstapeln in der Bückzone meldet sich Zymt zurück, und das mit einem kabarettischem Knall. Dieses Dortmunder Trio bringt eine explosive Mischung aus Garagenpunk,
NDW-Anklängen und Schlager auf den Plattenteller. Zymt wirkt dabei wie der rebellische Nachbar, der sich nicht an Konventionen hält, sondern mit rauer Energie und einem Augenzwinkern eine großen
Haufen in die deutsche Musikszene scheißt.
Es ist laut, es ist dreckig, und es ist verdammt firlefanzig. NINTENDO-Bits und Selfcare-Ritual als Sorglospaket für ein Platz in der Mitfickzentrale.
Das Album klingt wie ein wildes Straßenfest, das sowohl die Hochstapler als auch die Alltagshelden unserer Gesellschaft feiert – vom Gelegenheitszocker bis zum gutherzigen Lebenskünstler. Jeder
Track ist ein Spiegel der alltäglichen Kämpfe, die Zymt mit spitzer Zunge und rotziger Attitüde kommentiert. Da prallen Deutschpunk und schlagerhafte NDW-Elemente aufeinander, und genau hier
entfaltet das Album seine explosive Kraft. Hochstapeln in der Bückzone ist voll von bissigen Beobachtungen, die mit Humor und Ernsthaftigkeit gleichermaßen auf Konsumzwang und die Verlockungen
des schnellen Geldes abzielen.
Inhaltlich spielen Zymt mit Bildern des Alltags, oft absurd und immer bodenständig. Sie nehmen die Zuschauer von der Supermarktkasse bis zum SB-Terminal mit, wo sich Menschen durchs Leben kämpfen
und den letzten Cent aufs Spiel setzen – ähnlich wie im permanenten Roulette des Lebens. Hier werden die kleinen, heimlichen Hochstapler des Alltags gefeiert, und das Trio präsentiert sie wie
eine Alternative zu den aalglatten Idealen, die allzu oft in den Medien als Erfolg verkauft werden. Wenn man sich dabei an Christian Lindner erinnert fühlt, dann nur, um kurz darauf
festzustellen, dass Zymt die satirische Schärfe und das Herz am richtigen Fleck haben, um diese ironisch gemeinte Parallele zu durchbrechen.
Zymt entlarvt dabei auch die modernen „Punk“-Bands, die sich in Mainstream-Unterhaltungsshows anbiedern und so die Glaubwürdigkeit der Szene verwässern. Sie prangern Konsumkritik und einseitige
Perspektiven unverhohlen an, mit einem Humor, der für Festivalbesucher und Szenekenner gleichermaßen eine erfrischende Ehrlichkeit bietet. Dieser Mix aus Ironie, Beobachtungsgabe und loser Zunge
wird durch die rohe musikalische Energie gestützt, die sich wie eine Schelle in das Trommelfell bohrt. Kein Hauch von Vorstadt- oder Vaterlandsliebe dringt durch diese Songs, nur eine
bedingungslose, erdige Authentizität, die das Album zum Statement derer macht, die am Rande der gesellschaftlichen Normen leben.
Musikalisch sind Zymt die fünf Ausrufezeichen, die die deutsche Musikszene gebraucht hat. Sie holen die 80er-Jahre-Energie zurück und verneigen sich vor dem Geist der NDW, ohne in Nostalgie zu
versinken. Mode und Trends mögen kommen und gehen, aber diese Art von Punk ist zeitlos, scharf und bissig wie Aluminium, das – wie Zymt selbst anmerkt – eine Halbwertszeit von 770.000 Jahren
hat.
Hochstapeln in der Bückzone ist ein Album, das vor Energie und Biss strotzt, eine Hymne auf die Grenzgänger der Subkultur und die Kämpfer des Alltags. Es bringt Humor und Kritik zusammen und
lässt uns schmunzeln, wütend werden und schließlich anerkennend nicken. Ein wohlverdienter Platz im „Regal der Herzen“ – Zymt haben mit diesem Album ein Stück deutsche Subkultur geschaffen, das
gleichermaßen kritisiert und feiert.