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Neue NO BODY Single "The Hideout"

Copyright by Tabea Clever
Copyright by Tabea Clever

Alles an NO BODY ist anders, ungewöhnlich, untypisch - und genau das macht diese Band so wunderbar.

Das Einzige, was man an NO BODY als "herkömmlich" bezeichnen könnte, ist, dass Aydo Abay schon wieder eine neue Band gegründet hat: Seit seinem Ausstieg bei der Koblenzer Ausnahmeband Blackmail vergeht kaum ein Jahr, in dem der Sänger nicht mindestens ein musikalisches Projekt veröffentlicht. Ob KEN, Crash:Conspiracy, ABAY, FREINDZ oder zuletzt Musa Dagh, um nur einige der Projekte zu nennen, es steht außer Frage, dass er einer der umtriebigsten Künstler des Landes ist.

Thomas Götz, eigentlich Drummer bei den mächtigen Beatsteaks, ist auch bei NO BODY wieder am Schlagzeug - u.a. mit FREINDZ und Musa Dagh veröffentlichte er bereits gemeinsame Alben mit Aydo Abay. Der dritte "Nobody" ist ein richtiger "Unbekannter": Die Geschichte, wie der Wuppertaler Hobbymusiker und Homeproducer Sascha Wiercinski dazu kam, mit zwei, doch sagen wir es so, "Rockstars" könnt ihr weiter unten lesen.

Heute erscheint mit "The Hideout" eine weitere Vorabsingle aus dem Album "LOVES YOU", das am 07.03. erscheint: Es ist der kompakteste Song auf dem Album, erinnert durchaus an Blackmail, und wird von Trommelwirbeln und Xylophon angetrieben. Wie immer schwebt Aydo Abays Stimme unnachahmlich darüber. Hier fühlt man sich sofort zuhause und wohl.



"Hallo lieber Aydo, ich hoffe es ist okay wenn ich Dich auf diesem Weg anschreib. Ich bin der Sascha aus Wuppertal, mache und release Musik solo als Old Nobody. Hauptantrieb ist dabei Selbstverwirklichung und Verarbeiten von Vergangenheit. Ich bin zwar verstärkt im instrumentalen Post Rock Bereich unterwegs, ab aber letztes Jahr ein Alternative Album mit Gesang gemacht. Beim Schreiben hatte ich ultimativ Deine Stimme im Kopf."


Dieser Sascha kommt aus Wuppertal, heißt mit Nachnamen Wiercinski, ist heute 50 Jahre alt, und macht erst seit 2017 autodidaktisch Musik. Er veröffentlicht die meist instrumentalen Stücken unter dem Namen „Old Nobody“ über die Streamingportale, erreicht damit nur wenige hundert Menschen. Doch das ist egal – er macht die Musik für sich: „Musik machen ist für mich Teil meiner Therapie. Ich kann hier voll meine Gefühle einfließen lassen. Sie hilft mir, die Herausforderungen des Lebens zu verarbeiten“, sagt er selbst.

Von den Songs, die Sascha an Aydo schickt, ist dieser zwar schnell fasziniert, sagt eine Zusammenarbeit aber erstmal kategorisch ab: "Hi Sascha. Danke für die netten Worte und die Anfrage. Du hast es ja schon erahnt, aber ich habe im Moment überhaupt keine Zeit. Und das geht noch bis Ende des Jahres, wenn nicht wieder irgendwas Neues die Welt bedroht!" antwortet er.

Aber die Songs lassen ihn nicht los: "Lange Rede, kurzer Sinn - Irgendwann habe ich Sascha dazu überredet, dass wir zusammen ein ganzes Album machen. Features finde ich langweilig.“ Da Aydo die Drums auf Saschas Tracks nicht gefallen, fragt er seinen Freund Thomas Götz, hauptberuflich bei den Beatsteaks, aber auch mit Aydo bereits ehemaliges Mitglied u.a. von Musa Dagh, ob er die elektronischen Drums von Saschas Songs auch in echt einspielen mag – Und er mag!

Am 07.03.25 erscheint nun, dreieinhalb Jahre nach der ersten Kontaktaufnahme, das erste Album dieser ganz und gar unwahrscheinlichen Band, die aus zwei „Rockstars“ und einem Hobbymusiker besteht – Manchmal schreibt Musik eben doch die allerbesten Geschichten.

„Out On Crystal“, die erste Single daraus, erschien ebenfalls gänzlich ungewöhnlich: Veröffentlicht wurden nur die einzelnen, rohen Spuren des Songs, und Homeproducer (so wie Sascha einer ist) hatten einen knappen Monat Zeit, ihre eigene Version des Songs zu bauen und einzusenden. 35 (!) Versionen erreichten die Band in kürzester Zeit, und alle Versionen wurden zusammen mit der Single veröffentlicht. Digital kann man sich „Out On Crystal“ nun in über 30 verschiedenen Fassungen mit einer Gesamtlänge von drei Stunden anhören. Ein absolutes Erlebnis!

Und genau diese Herangehensweise passt fabelhaft zum Sound von NO BODY: denn die insgesamt zehn Tracks auf „LOVES YOU“ sind unterschiedlich, mal ätherisch, mal sehr direkt, still und schroff.

Alle Instrumentals basieren auf Songs, die Sascha bereits als „Old Nobody“ veröffentlicht hat (man kann sie auf den Streamingdiensten finden, und die Entwicklung der Songs herrlich nachverfolgen), und diese probieren sich immer wieder neu aus, mit einer erfrischenden Naivität. Man möchte in diesem Album gar keinen Song hervorheben, denn trotz der untypischen Entstehung ist dieses Album ein Fluss, manchmal fast meditativ und doch immer kraftvoll - Aydos Vocal-Stil passt auf diesen Ansatz perfekt.

Seine Texte auf „LOVES YOU“ stammen aus einer der für ihn persönlich herausfordernden Phase, die von Trennungen verschiedener Art geprägt war. Sie stammen aus einer Zeit, in der er das Konzept Therapie wertschätzen lernte. Zwischen den Zeilen der Songs ist das immer wieder erkennbar. So macht es nur Sinn, dass die Innenseite des Albums in der Vinylversion rät:
 
“THIS ALBUM WON’T HEAL YOUR PAIN. IT ́S JUST A RECORD. PLEASE GO AND SEE A DOCTOR OR A PSYCHOANALYST. IT ́S WORTH THE TIME AND THE MONEY.“

Doch auch gibt es da ganz viel Licht auf dem Album – Denn der Weg, der Sascha zur Musik brachte, ist so traurig wie schön und inspirierend:
„Meine Frau hatte 2006 einen Schlaganfall und kann seitdem kaum sprechen. Ich bin 2008 zu ihr gezogen, um mich um sie zu kümmern. Geheiratet haben wir dann 2013. Ich begreife es als meine Lebensmission, als meinen Lebenssinn, bei ihr zu sein und ihr zu helfen. Aber natürlich fehlt es einem in so einem Leben auch an einigem, es ist der Preis für diesen Sinn. Doch unter anderem auch deshalb habe ich mich in Therapie begeben, und in diesem Rahmen hatte ich 2017 auf Fehmarn ein Aha-Erlebnis. Bei meinem Bruder, der selbst in der Band Casino Garden spielt, fing ich an, mich mit Instrumenten zu beschäftigen, und selbst Musik zu machen. Auch heute inspiriert mein Bruder mich, besser zu werden, er treibt mich an.“

Da Sascha Aydo mit Blackmail oft live gesehen hat, wagt er im Sommer 2021 eine Facebook-Nachricht zu schreiben, und da beginnt diese wunderschöne Geschichte. Wegen Alben wie diesem haben wir uns alle an irgendeinem Punkt in unseren Leben in Musik verliebt.

NO BODY LOVES YOU – but NO BODY does!