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SAFI

Fotocredit: Stephanie von Becker
Fotocredit: Stephanie von Becker

SAFI steht für einen Ausnahmezustand – roh, kompromisslos und voller Intensität. Ambivalenz und Zerrissenheit bilden das Fundament, getragen von einer außergewöhnlichen Stimme mit viereinhalb Oktaven Umfang und künstlerischer Präzision. Doch Virtuosität ist hier kein Selbstzweck. SAFI zeigt sich direkt, unverstellt, groß. Umgeben von einer gewaltigen Klangwand. Eine Krachsituation.
Ihre Worte sind scharfkantige Fragmente der Realität, geschleudert in raue Klanggebilde.

 „Der Moment, der zwischen deinen Nerven klemmt.“ Lyrik und die Unbeugsamkeit ihrer Stimme formen einen kritischen Blick auf die Welt – politisch, düster, ungeschönt. Songstrukturen durchbrechen Konventionen, morphen zu überwältigenden Soundwellen einer dreiköpfigen Band aus zwei Gitarren, Schlagzeug und Elektronika. Mit ihrem aktuellen Werk Groteske dehnt SAFI die Grenzen zwischen Postpunk, Nowave und Avantgarde aus.


»Uff!«

Alexander Hacke
(Einstürzende Neubauten)


SAFI ist Stimme. Ausdruck. Unnachgiebigkeit.
In einer Zeit, in der Profitgier Systeme ins Wanken bringt, Demokratie infrage gestellt wird und Feindbilder den Diskurs bestimmen, muss Kunst übersetzen, aufrütteln, Spiegel sein. „Hast du etwa Angst?“, spuckt der Track Adrenalin (feat. Rummelsnuff) der tobenden Menge entgegen – und entlarvt Hetze als Angst.

Ein Manifest der Energie – Live, roh, unverfälscht.
Produziert von Moses Schneider (Tocotronic, Ätna u. v. m.), wurde SAFIs drittes Studioalbum live in den legendären Hansa Studios in Berlin aufgenommen – roh, ungeschönt, direkt. Ohne Becken, ohne starre Muster, dafür mit präparierten Instrumenten und einem Blech vom Schrottplatz. Gäste der Krachgemeinschaft: Dennis Lyxzén (Refused), Sebastian Madsen (Madsen) und Rummelsnuff.


»The way SAFI creates music is beyond anything I heard in a very long time.«

Dennis Lyxzén


Mit Groteske erscheint SAFI erstmals bei Rookie Records und definiert, was Punk sein kann. Das Album ist ein kompromissloses Statement – schneidend, kantig, ungeschliffen. Ein wildes Biest, das laut gehört werden will.


Das Album


Groteske 2xLP/LP/CD
Groteske 2xLP/LP/CD

Review:

SAFI ist eine Künstlerin, die Konventionen sprengt und sich kompromisslos den Grenzen des Hörbaren und Ausdrucksstarken nähert. Ihr neues Werk „Groteske“ ist ein vertonter, intensiver Ausnahmezustand. In einer Adaption aus ArtPunk und AvantgardeRock bricht SAFI gezielt Strukturen auf und schafft neue Pfade für den musikalischen Ausdruck. Die dreiköpfige Band (zwei Gitarren, Schlagzeug und Elektronika) baut eine gewaltige „Wall of Sound“ auf, die ihre lyrische Intensität trägt und verstärkt. Jeder Track ist wie ein Schlag, der die Sinne schärft und die Grenzen der Komfortzone durchbricht.
SAFIs Texte wirken wie Splitter, die präzise und unerbittlich in die Realität schneiden.
Ihr wachsamer Blick, der sich mit politischer und sozialer Klarheit auf das Zeitgeschehen richtet, wird durch ihre markante Stimme noch verstärkt. Die 4,5 Oktaven, die sie souverän beherrscht, sind dabei kein Selbstzweck – sie dienen allein dem Ausdruck, dem notwendigen Nachdruck für ihre Botschaften. In Liedern wie „Adrenalin (feat. Rummelsnuff)“ entlarvt sie Hetze als Ausdruck von Angst und schafft ein intensives, manchmal unangenehmes Hörerlebnis, das den Finger in gesellschaftliche Wunden legt.
„Groteske“ ist ein Album, das sich stilistisch keiner Schublade zuordnen lässt. Die Songs bewegen sich zwischen eruptivem Lärm und düsteren, minimalistischen Passagen. SAFI spielt hier mit dem Unbehagen und nutzt dieses bewusst, um den Hörer herauszufordern. Hier begegnen sich Virtuosität und rohe Gewalt, technische Brillanz und anarchistische Wildheit. Die Gitarren kreischen und brüllen, während der Schlagzeugbeat wie ein lauter Herzschlag die Klanglandschaft formt und durchbricht.
SAFI hat mit „Groteske“ ein Werk geschaffen, das nicht nur gehört, sondern gefühlt werden will. Es ist mehr als Musik – es ist eine akustische Konfrontation, die sich der Sprache des Protests bedient. Ihre Musik spricht die großen Probleme der Gegenwart an: Profitorientierung, die das Weltgefüge ins Wanken bringt, Rassismus, der spaltet, und eine Gesellschaft, die nach Sündenböcken sucht. SAFI fordert, dass Kunst den Mut aufbringt, Sprachlosigkeit zu übersetzen und ein Spiegel für das kollektive Gewissen zu sein.
Mit „Groteske“ hat SAFI ein intensives und unbequemes Werk geschaffen, das Grenzen des Genres sprengt und sich als ein kraftvolles Statement gegen die Entpolitisierung der Kunst positioniert. Sie verlangt vom Hörer, sich der rohen Realität zu stellen und das Unbequeme zu ertragen. Für Liebhaber*innen des experimentellen Punk und der Avantgarde ist SAFI eine Ausnahmeerscheinung – ein ehrliches Erlebnis, das nicht einfach zu konsumieren ist, sondern bewegt und in Bewegung bleibt.



Fotocredit: Thomas Kuenzel
Fotocredit: Thomas Kuenzel

Safi, wie hat dein Studium an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst deine künstlerische Arbeit beeinflusst?
    Das Kunststudium an der HGB Leipzig war eine befreiende Zeit! Zuvor hatte ich einige Erfahrungen als angehende Grafikerin mit diversen Werbeagenturen, wo ich ja eher auftragsorientiert arbeiten musste. Im Studium freizudrehen war dann das genaue Gegenteil. So habe ich gelernt, Kreation, Konzeption, Umsetzung und Präsentation selbst zu lenken.
An der HGB galt es, die Wahrnehmungsfähigkeit und die handwerkliche Qualität zu schulen und wie das, was man beobachtet, mit eigener Handschrift in eine Idee gegossen werden kann.

Was unterscheidet deine Musik von Konzeptkunst?
    Es gibt zu wenig Konzept-Anteil in meiner Musik. Dennoch bewegt sie sich natürlich im Rahmen mehrerer ähnlicher Genres, die vorrangig auf elektrisch verstärkte Instrumente setzen. Mit viel Stimme und Lyrik. Ich denke, dass die Klammer Konzeptkunst, Konzeptmusik, Konzeptalbum das befriedigende Gefühl eher forschender Arbeit auf meinem Lieblingsgebiet „Krach“ sehr einschränken würden. Verkopft, perfektionistisch konzeptionell und detailverliebt bin ich definitiv. Mein „Konzept“ ist es dann wohl, wie ein Vulkan daraus immer wieder auszubrechen.

Warum wirken deine Texte wie Mosaike oder Collagen?
    Weil sie es sind. Textlich wie musikalisch gehe ich immer von der Collage aus. Vor mir liegt nie ein weißes Blatt. Eine Leitidee findet schnell hinzu. Ich mische, schichte, experimentiere – anschließend wird bildhauerisch abgetragen bis Text und Titel seine eigene Form, der Idee entsprechend, gefunden haben. Manchmal verändert sich die Idee im Prozess. Dann ist das so.

Was sind deine Inspirationsquellen, und wie entscheidest du, welche Fragmente in deinen Songs zusammenpassen?
    Fragmente aus meinen Skizzen lasse ich aufeinander los. Sie prallen zusammen und ergeben überraschend tolle Momente. Ein roter Faden entspinnt sich draus. Varianten werden in Probesessions zusammen mit meinen beiden Mitmusikern Matthias und Jörg ausgeformt, Textzeilen lasse ich im Mund zergehen, werden singbar.
Für Songtexte sammle ich schräge Wortkonstellationen, die eine gewisse Energie haben. Wörter, die nicht zusammengehören, füge ich zusammen. Die deutsche Sprache ist dabei ein krass kantiges, herrlich sperriges Instrument, eine musikalische Herausforderung. Sie funktioniert extrem gut über Phrasierungen. Stimme und Sprache verstehe ich als Instrument.

Wie spielst du mit Harmonie und Dissonanz in deiner Musik, besonders auf deinem neuesten Album?
    Dissonanzen in aller Form stimmen mich an. Sie haben ein riesiges Energiepotenzial. Musikalisch bündeln sie Aufmerksamkeit, man kann sie wunderbar als Werkzeug einsetzen, um Platz für Dringlichkeit zu schaffen, den Fokus auf einen Punkt zu setzen. Dissonanzen als Kontrast zu Hörgewohnheiten sind wie Wechselbäder, die die Sinne schärfen.
Auf dem GROTESKE Album sind schräge Harmonien öfter als geplant entstanden im Studio während der Aufnahmesessions mit Moses Schneider. Weil wir komplett live aufgenommen haben, und weil Moses den Raum selbst mit aufgenommen hat, waren harmonische Störungen vorprogrammiert. Wir wollten jedes nebenbei anfallende Geräusch mit einfangen, das Livespiel in seiner Lebendigkeit – als Gegengift zum Perfektionismus…

Fotocredit: Pedro Becerra
Fotocredit: Pedro Becerra

Warum braucht deine Musik Zeit, um bei den Hörerenden zu wachsen?
    Eine interessante Frage. Oft höre ich, dass meine Musik beim Gegenüber wächst und immer wieder neu erfahren wird. Das spiegelt genau meine Herangehensweise wider! Ich skizziere und lasse dann liegen, um mit zeitlichem Abstand neu in den Entwurf einzusteigen, mich überraschen und verführen zu lassen. Musik reift im Wechselspiel zwischen Konzentration und Ruhe, zwischen Perfektion und Explosion, Vehemenz und Loslassen. So können sich Zufälle und unerwartete Momente in der Musik einkapseln, die dann erst mit jedem Hören nach und nach wieder herausgeschält werden.

Wie gelingt es dir, einfache Zeilen wie „Ich will ein Leben, was mir nicht ständig kaputt geht“ in tiefen Existenzialismus zu verwandeln?
    Es kann sein, dass die Essenz, der Ausgangspunkt meiner Arbeit existenzialistisch ist.
Ich beobachte Ungereimtheiten in mir und meiner Umgebung, verfolge Politik und gesellschaftliche Zusammenhänge. Betrachte sie aus der Vogelperspektive, um Antworten zu finden. Das sind meine Themen. Die brennen unter der Haut. Weil für mich Kunst ein Kommunikationsmittel ist, eine Gegenkraft gegen Zerstörung und all die dummen, menschen- und lebensfeindlichen Dinge, die hier vorgehen. Wenn ich eine Stimme habe, dann möchte mit ihr die Welt wenigstens ein klein wenig aufrütteln. Weil wir darin hoffentlich noch lange existieren wollen.

Was bedeuten Begriffe wie „Kalt“, „Janus“ und „Groteske“ für dich und deine Alben?
    Für jedes Album gibt es nach Auswahl der Stücke einen gemeinsamen Nenner, der die Zeit der Entstehung ungefähr abbildet, wie ein Filter unter dem das jeweilige Album betrachtet werden kann.
KALT war mein erstes Album und damit eine Zeit des Aufbruchs – der Sprung ins kalte Wasser. Auf dem Album gibt es einen Titel, der heißt „Kalt“. Hier geht es philosophisch um Lebensenergie. Dort, wo kein Leben möglich ist, bleibt es kalt. JANUS als Titel des Folgealbums, ist das zweigesichtige Wesen, Symbol für Anfang und Ende, Türen und Tore. Während dieser Zeit hat mich Zweideutigkeit viel beschäftigt – im Leben und damit auch in der Musik. Nun ist GROTESKE das dritte Album. In der Kunst ist der Begriff „Groteske“ seit der Antike in alle Genres eingeflossen, als dramaturgisches Element, als Ornament, als Symbol für Entstellung. Die Welt wird zunehmend grotesk, verzerrt. Die Titel des Albums sind politisch, düster, kaleidoskopisch, assoziativ – mit positivem Ansporn!

Wie nutzt du deine Stimme, um gleichzeitig zu flüstern, zu schreien und zu singen?
    Ich verliebe mich schnell in ungewöhnliche Stimmen. Die Stimme, wie auch die Handschrift, sind besonders intime Facetten eines Menschen. Man kann die Stimme auch als Gewand sehen, die die Persönlichkeit nach außen stellt. Mit Stimme kann man alles machen! Ich sehe sie als Instrument und spiele damit. Es macht Spaß, mich mit ihr neu zu erfinden, zu entdecken und musikalisch auszuprobieren. Sie ist mein bevorzugtes Ausdrucksmittel – körperlich, essenziell, um Musik in Ganzheit zu leben, zu spüren und zu performen.

Warum gehören Musik und Kunst für dich untrennbar zusammen?
    Die Eigenschaft, schaffen zu können, damit auch Kunst zu schaffen, zeichnet den Menschen aus. Irgendwann hat das Universum sich selbst einmal geschaffen. Schaffen ist Lebensquell. Und Quelle für Imagination. Alle Künste nähren sich daher aus Schaffensdrang und Vorstellungskraft, auch wenn die Ergebnisse unterschiedlich sind. Deshalb gehören Bildende Kunst, Musik und alle anderen Künste zusammen.
Für mich ist Kunst ein Dialog-Angebot. Mit meiner Musik, den Musikvideos, die wir mit wahnsinnig tollen Videoartists produziert haben, live auf der Bühne und auch im Job als Grafikdesignerin forciere ich einen Austausch mit dem Gegenüber. Musikalisches und visuelles Tun beflügelt sich dabei gegenseitig.

Wie erlebst du den kreativen Prozess als beflügelnd?
    Etwas zu erschaffen, setzt Energie frei. Und damit Lebensfreude. Diesen Prozess dann mit der Band, anderen Kolleginnen und Kollegen oder auf Konzerten mit dem Publikum zu teilen, potenziert das Ganze. Man gibt viel und nimmt viel.

Warum spielen Widersprüche und Unebenheiten eine so große Rolle in deiner Kunst?
    Widersprüche, Unebenheiten, Ungereimtheiten, Dissonanzen, Krach – all das sind Zwischenzustände, die mich anzünden. Sie sind Ausgangspunkt für neue Ideen. Sie wollen beobachtet, erforscht, geknackt, entwirrt, interpretiert und dialogisiert werden.
Wenn Profitorientierung das Weltgefüge destabilisiert, demokratische Prozesse bedroht sind, Feindbilder Lösungen ersetzen, Rassismus unsere Gesellschaft weiter aufspaltet, muss es die Aufgabe der Kunst sein, Sprachlosigkeit zu übersetzen, Mut zu machen; sie muss Spiegel sein, muss am Gewissen zündeln.

Warum hast du dich bei einigen Songs für eine Zusammenarbeit mit Gästen wie Dennis Lyxzén, Cäthe, Rummelsnuff und Sebastian Madsen entschieden und gerade diese Artists ausgewählt?
    Unsere Wege kreuzen sich schon seit langem. Wir sind Musik- und Stimmen-Geschwister – voneinander begeisterte Geister und deshalb ohne Frage auf dem GROTESKE Album mit dabei. Ich liebe den künstlerischen Austausch – er ist der garantierte Blick über den eigenen Horizont.
Außerdem ist es während und nach der Pandemie extrem wichtig geworden, dass wir zusammenhalten und uns stärker vernetzen. Das wird in Zukunft noch wichtiger werden.

Welche Inspirationen und Einflüsse haben dich zu deinem einzigartigen Stil geführt?
    Liebe zum Krach als Ausdruck purer Energie und die Neugier aufs Experimentieren begleiten mich schon immer. Das Extreme zieht mich an. In allen Künsten findet es sich. In der Musik unter den Werken moderner zeitgenössischer Klassik, neuer Musik, populärer Musik von Elektro bis Metal und mutigen Avantgarde-Projekten mit Ergebnissen an der Grenze zur Unhörbarkeit.
Mein bisher beeindruckendstes Konzert-Erlebnis waren Sun O))) im Festsaal Kreuzberg Berlin.


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