
Rauditum #12
76 DIN-A-5 Seiten; € 3,00.-
ugly-rauditum@gmx.de
UGLY, Herausgeber des Zines, zeigt sich auch in der zwölften Ausgabe als akribischer Kritiker und selbstironischer Perfektionist. Bevor er sich überhaupt dem Schreiben der
Reviews widmet, sucht er lieber nach Ablenkung – sei es das Putzen der Wohnung oder ein non-verbaler Ellenbogencheck gegen die von ihm als „unfähigste Regierung in der Geschichte Germoney’s“
bezeichnete politische Führung.
Sein Stil ist gewohnt bissig, oft polemisch und voller Seitenhiebe auf alles, was ihm nicht passt – von aktuellen politischen Debatten bis zu scheinbar nebensächlichen Details im
Punk-Kosmos.
Sein kritischer Blick richtet sich nicht nur auf Musik und Zines, sondern auch auf politische Entwicklungen und gesellschaftliche Diskurse. Besonders auffällig ist seine Obsession mit Fehlern bei
anderen: Er nimmt jede noch so kleine Unstimmigkeit auseinander, seziert sie mit einer Mischung aus pedantischer Detailverliebtheit und sarkastischer Schärfe. Das zeigt sich etwa in der
Diskussion darüber, ob man mit Nazis reden sollte – eine Debatte, die zwar alt, aber immer noch hochaktuell ist. Seine Haltung ist klar, aber die Argumentationsführung bleibt oft sprunghaft und
fragmentarisch, was das Lesen zu einer Herausforderung macht.
In den Interviews bleibt Rauditum #12 bisweilen leider hinter seinen Möglichkeiten zurück. Das Gespräch mit FATAL BLOW etwa wirkt etwas ziellos – Sänger und Gitarrist Cobley bekommt eine wilde
Mischung aus Fragen zu Politik und Musik serviert, auf die er nur allgemeine Antworten gibt. Ähnlich verhält es sich mit THE NECKARIONS, wo sich das Interview eher wie eine Wiederholung des
Info-Sheets liest. Dagegen gelingt es UGLY in den Gesprächen mit Jachon über H.O.A. und TG/THE BOTTROPS, mehr Substanz herauszukitzeln. Jacho merkt, dass 46 Fragen zur TG-Bandbiografie eine halbe
Buchveröffentlichung nach sich ziehen könnten – ein sympathischer Moment der Selbsterkenntnis.
Neben Musik und Interviews driftet das Heft immer wieder in politische und gesellschaftliche Themen ab. UGLY attackiert den „naiven Nachrichtendienst“, wühlt in alten Spionagefällen und
Geheimdienst-Pannen, allerdings ohne sich die Mühe zu machen, Quellen anzugeben oder seine Thesen stringenter zu untermauern. Seine Wut trifft auch das Plastic Bomb, das er wegen des Verkaufs
einer 4 Skins-Platte mit umstrittenen Beteiligten scharf kritisiert. Auch die #PunkToo-Debatte wird nicht ausgespart: UGLY zeigt sich wütend über Vorverurteilungen und prangert an, dass sich
angeblich zu Unrecht Beschuldigte kaum gegen „Outcalls“ wehren können.
Gesamteindruck:
Rauditum #12 ist ein wilder, polemischer Ritt durch Musik, Punk, Oi und Politik – so chaotisch und ungefiltert wie sein Macher. UGLY hält sich nicht zurück, weder in seinen Meinungen noch in seiner Detailkritik an anderen. Das ist unterhaltsam, manchmal informativ, oft aber auch wirr und unsortiert. Wer sich auf den rohen, ungeschliffenen Stil einlassen kann, findet hier eine spannende Mischung aus Rants, Analysen und Interviews – aber eben auch viel Polemik und persönliche Abrechnungen.