BRAUSEPÖTER
Nerven geschädigt LP
Tumbleweed Records
Brausepöter ist eine 1978 in Rietberg gegründete Band, die 1980 auf ZickZack die Single "Liebe, Glück, Zufriedenheit" publizierte und es folgten Auftritte mit Abwärts, Einstürzende Neubauten und
The Human League sowie ein Fernsehspecial in der ARD.
Anfang der 80er Jahre gab es in der deutschsprachigen Musiklandschaft allerhöchstens Schlager. Und noch bevor Punk in Deutschland explodierte, waren BRAUSEPÖTER eine der ersten subversiven Bands,
die ihr eigenes Ding machten. Alfred Hilsberg und Zick Zack, Düsseldorfer Punk und Kunstschule, Wave und NDW verschmolz zu einem kreativen Tiegel und führte zu einer Explosion zu
Veröffentlichungen. Das erste Mal seit Jahren trafen Innovationen auf ein junges, ausgehungertes Publikum. Doch die Musikindustrie und Szeneblätter sorgten für einen Hype, der zunehmend
kommerzialisiert wurde. ZickZack-Gruppen wie ABWÄRTS oder PALAIS SCHAUMBURG gingen zur Industrie. Und ab 1982 war der Ausverkauf deutschprachiger Bands voll im Gange. Brausepöter selbst fühlte
sich innerhalb dieser kommerziellen NDW- und New Wave-Szene deplatziert und löste sich 1982 auf. Insofern ist "Dies ist nicht meine Welt" vom aktuellen Album der musikalische Brückenschlag und
steht synonym für einen Nostalgie-Trip und klingt nach einem selbstbewussten Statement und klingt noch immer nach jungen Männern, die den täglichen Überlebenskampf in surrealen Humor und Lust am
Tanzen übersetzen, irgendwo zwischen Stones, deutsche Popmusik und Radikalität.
Seit 2010 stehen Martin Lück (Gesang, Gitarre), Bernd Hanhardt (Bass) und Kemper (Drums) in Urbesetzung wieder auf der Bühne. Im selben Jahr erschien auf dem Label Fin Du Monde eine 7" mit zwei
bisher unveröffentlichten Stücken, die im Jahr darauf noch einmal von dem New Yorker Label Wild Isle in einer neu gemasterten Version herausgegeben wird. 2012 erscheint mit "Komplett!
1979-1991" eine musikalische Retrospektive und 2015 mit "Selbstauslöser" ein komplett neues Album. Das aktuelle Album ist more Punk als DÄ und hat mit dem Livesong "Dienstag Mittag" einen tollen
ModPunksmasher, lebendig und frech wie Spucke ins Gesicht und Li-La-Laune_Effekt. Nix zu tun und einfach in den Tag hineinleben, als wäre es der letzte. Alle Songs sind nicht nur live on stage,
sondern auch live im Studio eingespielt, was noch mal mehr kickt. Kemper treibt im stakkatoartigen Rhythmus an, Bernd hat den Groove und Martin akzentuiert im Palais Schaumburg-Stil. Dada, Punk
und Minimalismus, als wären die 80er Jahre wieder präsent. Alte Männer, neue Töne, Spielwitz und -freude, der Einfallsreichtum sprudelt tolle Songs heraus, die sofort Höhepunkte liefern. Raus aus
dem Trott, hinein ins Avantgarde-Funk-Paradies, in dem "Leider ohne dich" genauso zündet wie "Pogo ganz allein", die kleine Nachtmusik für die Rebellen im Kinderzimmer. Kein Zick Zack-Kurs,
sondern treibend-straight ahead und mächtig viel Spaß in den Backen, der Reminiszenz und Hommage an die Frühphase des Punk ist.